In weniger als drei Monaten geht das AKW Mühleberg vom Netz. BKW-CEO Suzanne Thoma erklärt, was das für sie persönlich bedeutet – und sagt, was sie von Frauenquoten in Geschäftsleitungen hält.
Am 20. Dezember wird das AKW Mühleberg abgeschaltet. Werden Sie es vermissen?
Vermissen nicht, nein. Aber Mühleberg ist ein wichtiger Teil der BKW-Geschichte, deswegen wird dieser Tag auch für mich ein Abschied sein.
Ein emotionaler oder ein eher technischer Abschied?
Beides. Emotional sicherlich deswegen, weil Mühleberg wichtig für uns ist und uns zu einem grossen Schweizer Stromproduzenten gemacht hat. Mit der Abschaltung sind wir das nicht mehr.
Das klingt nun doch etwas traurig.
Wir haben uns sehr gut auf diesen Moment vorbereitet: neue Geschäftsfelder wurden erfolgreich aufgebaut, die Transformationen durchgeführt. Deswegen steht die BKW heute robust und erfolgreich da.
Welchen Strommix beziehen Sie zuhause?
Ein ganz normales Standardprodukt des zuständigen Lieferanten.
Kritik an AKW und Kohlekraftwerken gibt es schon länger – es schlägt die Stunde von Wasser-, Wind- und Solarenergie. Aus Ihrer Sicht die richtige Strategie?
Langfristig ja, man muss sich jedoch bewusst sein, dass nach und nach eine grosse Menge Strom wegfällt. Für diese Zeit gilt es noch, Lösungen zu finden.
Etwas genauer bitte.
Mühleberg spielt bei der Versorgung in dem Sinne keine grosse Rolle. Fünf Prozent des Schweizer Strombedarfs wird man nicht merken. Längerfristig fallen allerdings vierzig Prozent des Stromvolumens weg – nun, das wurde politisch so entschieden. Und der Ausstieg aus der Kernenergie erfolgt zum Glück schrittweise. Wie diese vierzig Prozent aber ersetzt werden, ist nun Gegenstand politischer Diskussionen. Hinzu kommt, dass auch das Ausland teilweise aus Atom- und Kohlestrom aussteigt. Der Import wird insofern kaum einfacher werden.
Sie sind seit 2013 CEO der BKW. Was war Ihr bisheriges Highlight?
Als es deutlich wurde, dass unsere Strategie, nämlich der Aufbau der erneuerbaren Energien und der Aufbau des Dienstleistungsgeschäfts, funktioniert und sie die BKW erfolgreich und gestärkt durch die Stromkrise führt.
Und der schlechteste Moment?
Davon hatte ich bisher nicht allzu viele. (lacht)
Wenn wir eine Mitarbeiterin oder einen Mitarbeiter fragen würden, welche Art von Chefin Sie sind. Was denken Sie wäre die Antwort?
Sie tut, was es braucht, damit die BKW eine gute Zukunft hat.
Ein tolles Wortspiel: Wie schalten Sie eigentlich ab?
Auf zwei unterschiedliche Arten: Erstens verbringe ich Zeit mit Menschen, die mir nahestehen. Und ich verbringe bewusst Zeit allein. In der Ruhe kann man wunderbar auftanken.
Als weibliche CEO stellen Sie nach wie vor eine Ausnahme dar. Braucht es Quoten?
Schwierige Frage. Ich bin ganz klar dafür, dass sich Frauen entwickeln und Verantwortung übernehmen sollen. Ich stelle jedoch fest, dass die Entwicklung ganz allgemein einigermassen zögerlich vorwärtsschreitet. Grundsätzlich setze ich trotzdem weiterhin darauf, dass die Frauenquote nicht vonnöten ist. Die Antwort lautet also Nein.
Wenn Sie wünschen könnten: Was soll auf dem Mühleberg-Gelände, wenn alles abgebaut ist, 2034 dereinst zustehen kommen?
Als wirklich freier Wunsch? Ich hoffe, dass die Schweiz ein industrialisiertes Land mit einer starken Wirtschaft bleibt. Deswegen wünschte ich mir eine Anlage, die in irgendeiner Form wirtschaftlich genutzt wird, um den Wohlstand der Bevölkerung zu sichern.
Die Abschaltung des AKW Mühleberg erfolgt kurz vor Weihnachten. Haben Sie schon einen Wunschzettel fürs Christkind verfasst?
Ich wünsche mir eigentlich gar nichts Materielles. (lacht) Ich bin gerade erst umgezogen und habe viel weggeworfen. Das befreit tatsächlich, macht das Leben unkomplizierter und schenkt einem etwas sehr Wichtiges: Zeit!
Yves Schott