Deutsche Gäste haben für Bern einen hohen Stellenwert. Martin Bachofner, CEO der Tourismus-Holding Bern Welcome, über Preise, PR und Platitüden.
Wie wichtig sind deutsche Touristen für Bern?
Sehr wichtig. Insgesamt ist der deutsche Markt der wichtigste Auslandmarkt für die Region Bern. Dies lässt sich auch an den Logiernächten 2017 ablesen, wo Deutschland im vergangenen Jahr mit 10,7 Prozent an erster Stelle steht, noch vor den USA (7,3%) und China (5,2%). Einsamer Spitzenreiter ist aber der Heimmarkt Schweiz mit einem Anteil von 44,1%.
Wie wichtig ist Bern für die Deutschen?
Die Deutschen sind generell sehr berg- und naturaffin, mögen aber auch die Städte. Insofern gelten die Stadt und Region Bern als perfekter Hub für das Berner Oberland, als «Gateway zu den Alpen». Bern lässt sich gut kombinieren mit Land und Natur, wie beispielsweise mit dem benachbarten Emmental.
Was schätzen deutsche Touristen an Bern?
Die Stadt Bern ist ein «Bijou» und noch immer ein Geheimtipp. Der entschleunigte Lebensstil Berns, auch gerade als Hauptstadt, wird sehr geschätzt.
Welche Personen kommen denn?
Bern ist ein sehr beliebtes Reiseziel bei den sogenannten «Golden Agern», also bei Personen über 50 Jahren. Viele deutsche Gäste reisen aus den Bundesländern BadenWürttemberg, Nordrhein-Westfalen, Bayern und Hessen an.
Steht Bern bei den Deutschen hoch im Kurs? In welche Richtung geht der Trend?
In den letzten Jahren war durch die wirtschaftliche Lage und den starken Schweizer Franken bei den Logiernächten aus dem Markt Deutschland ein Minus zu spüren. Nun kann man wieder vorsichtig positiv in die Zukunft schauen, denn im vergangenen Jahr wurde der Turnaround geschafft. 2017 stiegen die Logiernächte deutscher Gäste schweizweit erstmals wieder auf ein Plus von 1,1 Prozent an. Als Städtedestination sind wir zuversichtlich, da wir auch dank dem Geschäftstourismus weniger abhängig von Schwankungen des Wechselkurses sind.
Was macht Bern, um deutschen Touristen die für sie doch eher teure Stadt schmackhaft zu machen?
Die Schweiz ist im Vergleich generell teuer und der deutsche Gast preissensitiv. Der deutsche Gast, welcher sich für die Destination Schweiz entscheidet, ist sich dies bewusst. Bern kann sich hier mit attraktiven Packages positiv abheben. Dies haben wir beispielsweise im Bereich Kunst und Kultur im Rahmen der Gurlitt-Ausstellung im Kunstmuseum Bern gemacht. Momentan ist in Deutschland auch ein starker Foodtrend zu spüren, vor allem lokale Spezialitäten sind gefragt. Auch hier konnten wir konkrete kulinarische Produkte entwickeln, wie zum Beispiel mit der neu lancierten Foodtour «Taste my Swiss City». Dabei entdeckt man Bern kulinarisch anhand von Restaurantvorschlägen von Einheimischen und kann vor Ort mit Vouchers degustieren. Zudem gibt es gerade in Bern viele Gratiserlebnisse (wie zum Beispiel das Marzilibad oder der Bärenpark) oder kostenlose Zusatznutzen wie etwa das Bern-Ticket für Übernachtungsgäste, mit denen wir im deutschen Markt punkten können.
Fritz Burkhalter, der Gründer des Swiss German Club, kritisiert, die Schweiz vernachlässige die deutschen Gäste seit Jahren.
Das sehe ich anders. Wir engagieren uns seit Jahren im deutschen Markt. Die deutschen Gäste sind auch für Schweiz Tourismus sehr wichtig und werden gezielt bearbeitet.
Früher galten Deutsche häufig als unfreundlich und arrogant. Welche Erfahrungen haben Sie gemacht?
Ich kann diese Erfahrung nicht teilen. Deutsche Gäste sind korrekt und herzlich, sie erwarten für den Preis entsprechende Leistung. Sie ähneln im Grunde dem Schweizer Gast und sind in Bern immer herzlich willkommen.
Gehen Sie selber gerne nach Deutschland in die Ferien?
Ja. Städte wie Hamburg, Berlin oder München finde ich sehr attraktiv. Selber lebte und arbeitete ich rund zwei Jahre in München.
Tauschen Sie sich ab und zu mit Ihren Kollegen vom Berliner Tourismus aus?
In der internationalen Tourismus-Community gibt es immer wieder Gelegenheiten, sich mit Kolleginnen und Kollegen auszutauschen. Man lernt ja nie aus. Ich stehe in Kontakt mit diversen inländischen und ausländischen Tourismusorganisationen. Berlin gehört hier sicherlich auch dazu.
Deutsche mögen Currywurst und Sauerkraut – klischiert, aber wahr. Leider gibt es nicht eben viele deutsche Restaurants in Bern.
Die deutschen Gäste interessieren sich für die lokale Kultur und sind sehr offen, ebendiese Gastro- und auch Barszene kennenzulernen. So weiss ich aus eigener Erfahrung, dass deutsche Gäste zum Beispiel Fondue und Raclette über alles lieben. Sie suchen deshalb bestimmt keine Currywurst und auch kein Sauerkraut in der Schweiz. Yves Schott