Chris 9

«Ich helfe Jari bei den Hörnli mit Greyerzerkäse gerne aus»

Von Ascona bis Singapur. Und nun also Bern. Der bekannte Spitzenkoch und Gastronomie-Unternehmer Ivo Adam erklärt, wieso er sich für das Casino entschieden hat und weshalb die Gäste in prächtigem historischen Ambiente ab 5. September bodenständige Raffinesse erwartet. Ein offenes Gespräch von Paul Klee bis zu Käse-Hörnli.

Ivo Adam, welches einfache Abendessen empfehlen Sie unserer Leserschaft bei dieser Gluthitze?
Zum Beispiel einen leichten Salat mit Frischkäse, am besten Feta, und Nüssen. Zubereitet mit einer feinen Vinaigrette und frischen Kräutern. Oder eine Käse- und Trockenfleischplatte, die dann auch gleich den Hauptgang bildet.

Sie hatten von Lyss aus die Kochwelt erobert und mitgeprägt. Unter anderem in Ascona und Singapur, wo Sie Kochweltmeister geworden sind. Weshalb die Rückkehr nach Bern? Wie leicht viel Ihnen die Wahl?
Ich musste zum Glück nicht zögern. Beruflich ist das Casino der Burgergemeinde für mich eine faszinierende Herausforderung. Ich konnte mich von Anfang an stark einbringen und das neue Angebot mitprägen. Das ist ein Privileg. Sehr wichtig ist mir, dass ich hier mit meiner Familie sesshaft werden kann. Meine Frau Aurelia arbeitet in Bern. Zusammen mit unserem dreijährigen Söhnchen Jari wohnen wir bald in Lyss. «Back tot he roots» nennt sich das auf Neudeutsch (lacht).

Wurden Sie von den Bernburgern kontaktiert?
Nein, ich blätterte in Ascona in einem Hotellerie-Fachmagazin und stiess zufällig auf das entsprechende Inserat. Via Headhunter und Assessment erhielt ich die Zusage. Mir
wurde nichts geschenkt. Klar ist: Die Arbeit mit den Burgern macht Spass.

Der Casino-Slogan lautet «Alles aus einer Hand». Weshalb?
Wir bieten Kultur, Gastronomie und Räume für Events an. Das macht die Burgergemeinde zum ersten Mal in der Geschichte. Vorher wurde die Restauration verpachtet und das Veranstalten anderen überlassen, allen voran dem Berner Symphonieorchester. Die Burgergemeinde vermietete und verwaltete. Die neue Strategie vereinfacht die Sache für all jene, die mehrere unserer Angebote buchen. Zum Beispiel wenn sie vor dem Besuch des Symphoniekonzerts schön essen wollen. Lea Périat wird sich um die Raumvermietung kümmern und Nik Leuenberger unser Kultur-Angebot leiten.

Hand aufs Herz: Werden Sie auch als Direktor ab und zu zum Kochlöffel greifen?
Nein. Ich werde nicht kochen. Es wird mich in den Casino-Küchen schlicht nicht brauchen. Denn wir haben mit Florian Bettschen, Adrian Bürki, Dave Wälti und Atsushi Hiraoka gleich vier Spitzenköche in der Leitung an Bord. Mit mir zusammen bringen wir es auf 66 Gaultmillau-Punkte und 4 Michelin-Sterne.

Das ist beeindruckend. Wird der Besuch des Casinos die Berner Portemonnaies entsprechend belasten?
Nein! Wir richten uns an ein breites Publikum und bieten faire Preise. Wir werden kein Gourmettempel mit Etepetete. Das ist übrigens auch die Vorgabe der Burgergemeinde. Auch die offene Atmosphäre wird uns auszeichnen. Vier der fünf Gastrobereiche werden in einem grossen Saal Platz finden.

«Es ist wie bei einem Musiker, der ein neues Album geschrieben hat und endlich auf Tournee gehen kann.»

Vier?
Ja. Wenn Sie im Erdgeschoss den Haupteingang an der Ostseite nutzen, werden Sie zunächst den Salon d’Or betreten. Danach gelangen Sie in die Bistrobar. Weiter hinten befindet sich das Restaurant. An einem separaten Cheftisch wird Atsushi Hiraoka vor den Augen der Gäste kochen. Für die Liebhaber der heimischen Küche steht ab Frühjahr 2020 der Zunfttisch bereit. An diesem werden wir alte, aber neu interpretierte Berner Gerichte der letzten Jahrhunderte modern interpretieren und audiovisuell präsentieren.

Als Direktor verantworten Sie auch das Kultur-Angebot. Welche kulturelle Vorlieben haben Sie?
Ich spielte intensiv Schlagzeug und war unter anderem in einer Guggenmusik und in der Stadtmusik tätig. Das ist sicher nicht Hochkultur, aber für mich ist alles, was von Menschen erschaffen wird, ein Kulturgut. Persönlich mag ich neben Klassik vor allem auch Funk, Jazz und Hip-Hop und generell die Popkultur. Humoristische Betrachtungen von Leben und Gesellschaft in Form von Satire und Standup finde ich super. Natürlich auch die Kulinarik-Kultur.
Fürs Casino muss ich aber nicht am Puls der Zeit sein, was das Angebot anbelangt. Dafür steht Nik Leuenberger. Angetan haben es mir auch die Maler. In meinem Elternhaus hingen unter anderem Lithographien von Keith Harring, Max Bill und Paul Klee. Das hat mich geprägt.

Malen wollten Sie aber nie?
Nein. Von Anfang an war für mich klar, dass ich Koch werden wollte.

Wer hatte Sie diesbezüglich als erstes geprägt? Ihre Mutter?
Jein. Das Kochen liegt bei uns seit Generationen im Blut. Mein Urgrossvater hatte für Queen Elizabeth I. Torten kreiert. Mein Gross- vater war ebenfalls Confiseur. Meine Muter und mein Vater liessen mich früh mitkochen und mitbacken.

Welchen Berufswunsch hat Ihr Sohn Jari?
Er will Feuerwehrmann werden. Unbedingt.

Haben Sie mit ihm den Blockbuster «Ratatouille» mit der kochenden Ratte «Rémy» bereits geschaut?
Nein, noch nicht (lacht). Hierfür ist er noch zu jung. Er isst für ein Kind seines Alters aber ausgesprochen vielseitig. Sushi und Meeresfrüchte zum Beispiel. Hörnli mit gehobeltem Greyerzerkäse und etwas Butter sind sein Favorit. Auch ich esse gerne einfach. Ich helfe Jari bei den Hörnli deshalb gerne aus.

Sind Sie froh, dass nach drei Jahren Vorbereitung ab 5. September im Casino endlich gekocht, gesungen, musiziert, getagt und ausführlich genossen wird?
Und wie! Es ist wie bei einem Musiker, der ein neues Album geschrieben hat und endlich auf Tournee gehen kann. Und ja, ich vermisse den Kontakt mit den Gästen.

Dominik Rothenbühler

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