Mit zwei Monaten Verspätung hebt flyBAIR endlich ab. CEO José González erklärt, wieso sich der finanzielle Schaden dennoch in Grenzen hält. Und warum sich Passagiere an Bord keine Sorgen machen müssen.
Am 18. Juli geht es endlich los. Sind Sie nervös?
Nervös nicht, eine gewisse Anspannung ist hingegen da. Dies gehört dazu: Schliesslich handelt es sich um den Erstflug von flyBAIR. Es gibt einige Dinge, die wir als kleines Team bis zum Start noch anpacken müssen, etwa was das Catering anbetrifft. Im Grossen und Ganzen sind wir parat und freuen uns auf die ersten Fluggäste, die ab Bern und Sion nach Mallorca in die Ferien reisen.
Sie sagen: als kleines Team. Wie viele Leute arbeiten denn für flyBAIR?
Wir sind insgesamt drei Personen – oder anders gesagt: 2,05 Vollzeitstellen. Zudem verfügen wir über ein lokales, mehrköpfiges Callcenter. So können wir unsere Kundschaft sogar auf Berndeutsch bedienen.
Erklären Sie uns kurz das Betriebsmodell der Firma. Viele meinen, die Flugzeuge seien geleast.
Nein, «geleast» wäre der falsche Begriff. Es läuft so: Wir bestellen bei unserem Flugpartner für eine bestimmte Periode eine gewisse Kapazität in Form von Flugstunden. Diese vermarkten wir in Form von Kontingenten an Reiseveranstalter oder verkaufen die Sitzplätze selber, unter anderem über unsere Website flybair.ch.
Die Maschinen gehören also nicht flyBAIR und könnten auch von anderen Anbietern eingesetzt werden.
Richtig, die Maschinen gehören unserem Flugpartner. Theoretisch ist es möglich, dass sie für andere Anbieter eingesetzt werden – das obliegt einzig der Planung unseres Flugpartners.
Hatte die Verschiebung des Starts finanzielle Konsequenzen?
Das Fliegerherz schmerzt sicher ein bisschen. Es war aber definitiv der richtige Entscheid, die Flüge im Mai und Juni proaktiv zu annullieren. Alles andere wäre unverantwortlich gewesen. Zu Ihrer Frage: Die Fixkosten von flyBAIR sind relativ gering, daher ist dieser Verlust überschaubar. Zudem hatten wir Kurzzeitarbeit beantragt. Wir kommen mit einem blauen Auge davon. Wichtig: Für uns gibt es auf jeden Fall eine Zukunft und wir sind bereits mit der Planung für den Sommer 2021 beschäftigt.
Unter normalen Umständen wäre jetzt Hauptsaison, Tausende Menschen würden ab Belp in die Ferien fliegen. Sie starten nun mit der Destination Mallorca ziemlich vorsichtig.
Ich muss die Aussage ein wenig relativieren: Die Hauptsaison am Flughafen Bern ist der Herbst. Deswegen stehen die Chancen gut, trotz allem ein «gutes» Jahr verbuchen zu können. Und das ist auch der Grund, wieso wir ab Ende August sukzessive mehr Destinationen in den Flugplan aufnehmen.
Im August kommen Rhodos und Kreta dazu, ab September dann Jerez, Kos, Menorca und Preveza.
Richtig. Die Destination Olbia lassen wir dieses Jahr weg – dies nach Konsultation unserer Partner und weil wir alle denken, dass die Nachfrage gering sein wird.
Wie beliebt ist Mallorca?
Offiziell darf die Insel erst seit 1. Juli für touristische Zwecke angeflogen werden. Mallorca ist das beliebteste Reiseziel der Bernerinnen und Berner: Noch vor zwei Jahren gab es während der Sommersaison mehr als zehn Flüge pro Woche von Bern nach Palma. Dieses Jahr bedient flyBAIR die Strecke samstags bis Mitte Oktober. Die aktuelle Buchungslage sieht ganz passabel aus, aber natürlich sind die Buchungen kaum so, wie man sie für diese Jahreszeit erwarten dürfte.
Was kostet derzeit ein Flug nach Mallorca derzeit?
Wie jede andere Airline operieren wir mit dynamischen Preisen: Je früher man bucht, desto günstiger sind die Tickets. Die Tarife starten bei 159 Franken pro Weg – vereinzelt gibt es Flüge ab 59 Franken.
Das ist günstig, trotzdem sind andere noch billiger.
Das mag sein. Einige Reisende kalkulieren jedoch nicht mit ein, wie sie überhaupt zum anderen Flughafen gelangen und wie viel Zeit sie dafür benötigen. Würde jeder einzelne Faktor mitberücksichtigt, ist der andere Preis wahrscheinlich gar nicht mehr so günstig. Viele dieser Verbindungen sind zudem auf den frühen Morgen gelegt, was mit frühem Aufstehen oder einer Hotelübernachtung, beispielsweise in Zürich, verbunden ist. Ein weiterer Vorteil bei uns: Parkieren kostet am Flughafen Bern 56 Franken pro Woche, das geben Sie an anderen Flughäfen an einem einzigen Tag aus.
Wer nach Griechenland einreisen will, muss sich zuvor registrieren lassen und wird bei der Ankunft eventuell einem Check unterzogen.
Diese Praxis verfolgt ein Ziel: die Sicherheit aller Fluggäste. Das System pickt nur einzelne Passagiere raus, eine mehrtägige Selbstquarantäne ist nicht notwendig. Davon sollte man sich davon nicht abschrecken lassen. Die Tatsache, dass die griechischen Behörden Touristen ins Land lassen, zeigt ja, dass Ferien dort sicher sind. Übrigens, auch die Schweiz mit ihrer «Tracing Card» und Spanien bitten Reisende um ihre Kontaktdaten.
Wie sieht Fliegen an Bord von flyBAIR aus?
Bei uns trägt die gesamte Crew eine Maske. Wir raten unseren Kundinnen und Kunden ebenfalls, eine Maske zu tragen, um sich selbst und vor allem um die anderen Gäste zu schützen. Dazu möchte ich betonen, dass die Luft in der Kabine alle drei Minuten neu gefiltert und 99,97 Prozent der Viren und Bakterien eliminiert werden. Ausserdem wird die Luft nach unten weggesaugt. Hustet jemand, schaffen es diese Partikel gar nicht bis zur nächsten Person. Von daher gesehen ist es in einem Flugzeug deutlich sicherer als in einem anderen, beliebigen geschlossenen Raum.
Was ändert sich sonst noch?
Aufgrund der Covid-19-Vorschriften fallen sämtliche Bordmagazine weg, es gibt eine eingeschränkte Bordverpflegung und wir verzichten auf den Verkauf von Duty-free-Produkten an Bord. Die Bordkarte selbst muss aus Sicherheitsgründen hingegen vorhanden sein und wird nach jedem Flug gereinigt. Die Flugzeugkabine selbst wird nach jedem Flug desinfiziert. Ausserdem sind wir darum bemüht, den Kontakt zwischen Personal und Passagieren auf ein Minimum zu reduzieren.
Eine Maschine mit flyBAIR-Logo wird man, zumindest in diesem Jahr, nie sehen. Wieso?
Weil wir dieses Jahr kein Flugzeug in Bern stationiert haben werden, das ausschliesslich für flyBAIR abhebt. Der Grund ist folgender: Flugzeuge müssen regelmässig in den Service. Die Maschine müsste in einem solchen Fall also leer nach Zürich fliegen, wieder zurück und kann in diesem Zeitraum für keine andere Airline eingesetzt werden. Das ist unrentabel. Wir rechnen allerdings damit, dass ab 2021 eine fix gebuchte flyBAIR-Maschine ab Bern abhebt.
Sie erhalten jetzt Gelegenheit, Werbung in eigener Sache zu betreiben.
Schweizerinnen und Schweizer machen gerne Ferien von zuhause aus. Genau das bieten wir hier, Start und Landung mit Blick auf die Berge sowie das Mittelland. Verstehen Sie mich nicht falsch: Ich möchte keinen anderen Flughafen schlechtreden. Doch bei uns können Sie bis zu 40 Minuten vor Abflug einchecken, man ist in fünf Minuten vom Parkplatz am Check-in, 15 Minuten später sitzen Sie schon im Flugzeug. Ich kann bis zehn Minuten vor dem Take-off draussen sitzen und einen Kaffee trinken. Ausserdem befinden sich nicht zweitausend Menschen auf einem Haufen, das ist in Zeiten des Coronavirus kein zu unterschätzender Faktor.
Sprich: kurze Distanzen, eine familiäre Atmosphäre, kein Gstungg.
Vor Jahren, als ich noch für den Flughafen selbst arbeitete, vergass ein Passagier, der nach London wollte, seinen Pass mitzunehmen. 30 Minuten vor dem Start fuhr er deshalb schnell nach Münsingen, wo er wohnte, und holte den Pass. Er schaffte es praktisch rechtzeitig zurück, am Ende hatte der Flug nur fünf Minuten Verspätung. Das ist doch einmalig. (lacht)
Wenn Sie am 31. Dezember ein Glas Champagner trinken und auf das Jahr 2020 zurückblicken, worauf werden Sie anstossen?
Auf eine schwierige Phase, das ist wohl kein Geheimnis. Ich werde aber gleichzeitig stolz darauf sein, diese Zeit gemeistert und unseren Passagieren schöne Reisen ermöglicht zu haben. Persönlich werde ich garantiert den Eindruck gewinnen, dass alles viel länger gedauert hat als die eigentlichen zwölf Monate. Wir sind im Vornherein sämtliche Szenarien durchgegangen – dieses nicht.
Wohin führt Sie Ihr erster Flug mit flyBAIR?
Nach Mallorca, am 18. Juli. Es sind bedauerlicherweise keine Ferien, sechs Stunden später geht es bereits wieder zurück. Keine Zeit, um am Boden gross zu feiern. (lacht)
Yves Schott