Seit Montag dürfen Bars und Restaurants ihre Gäste wieder bewirten. Endlich, sagt Eveline Neeracher, Präsidentin von GastroBern. Mit den strengen Auflagen versucht sie, so gut es geht klarzukommen.
Restaurants und Bars sind in der Schweiz wieder geöffnet. Was mussten Sie im Vorfeld in Ihrem Betrieb alles erledigen?
Wir haben Tische und Stühle geräumt, um Platz zu schaffen und den geforderten Zwei-MeterAbstand einzuhalten. Und wir schenkten dem Hygienekonzept grosse Beachtung.
Gemäss diesem darf eine Beiz keine Zeitungen anbieten, weil sie von mehreren Gästen angefasst werden. Auch Salz- und Pfefferstreuer sind tabu.
Eine Zeitung kann jede und jeder selber mitbringen, wenn er mag. Mit Maggi und Aromat halten wir es so, dass wir sie auf Wunsch zur Verfügung stellen und anschliessend wieder desinfizieren.
In den Auflagen steht auch, dass sämtliche Lokale über eine Dauer von 14 Tagen nachweisen müssen, welcher Kellner welchen Tisch bedient hat.
Bereits heute wird das bei den Registrierkassen erfasst, folglich wissen wir nicht nur, was die Angestellten umsetzen, sondern auch welchen Tisch sie bedient haben. Schwieriger hätte ich es gefunden, jeden zu erfassen, der nur kurz ein Kafi trinken will. Bei Stammgästen, die uns fünfoder sechsmal die Woche besuchen, wäre es mühsam geworden.
Insgesamt sind Sie aber erleichtert, wieder arbeiten zu dürfen?
Ja, sicher. Das vorher war doch kein Zustand.
Gewisse in Ihrer Branche sind der Ansicht, die Lockerungen seien zu früh gekommen.
Ich verstehe diese Haltung auf eine gewisse Weise. Andererseits wäre die Lage am 8. Juni meiner Meinung nach kaum anders gewesen.
Tatsache ist: Sie müssen einen riesigen Aufwand betreiben, um wieder Kundschaft zu bewirtschaften.
Was soll ich Ihnen darauf antworten? (überlegt) Wir hatten rund neun Wochen lang zu, wir sollten jetzt nicht dran denken, wie mühsam das alles ist, sondern das Positive daran sehen. Ich hoffe auf Menschen, die darauf plangen, wieder zu uns zu kommen. Ausserdem hat die Presse im Vorfeld des Restarts gute Arbeit geleistet und informiert, worauf man sich einstellen muss. Man kann nun über dieses oder jenes lamentieren, aber so lauten halt nun mal die Vorgaben des Bundesrats.
Ganz ehrlich: In welchem Zustand befindet sich Ihre Branche derzeit?
Es lässt sich nicht generell feststellen : Den grossen Lokalen geht es gut, den kleineren schlecht – oder umgekehrt. Mein Mann und ich führen einen Betrieb mit elf Angestellten und – normalerweise – 110 Sitzplätzen. Aber natürlich, es gibt sicherlich Restaurants und Bars, die es schwer haben. Die Neuen in der Branche plagen möglicherweise Existenzängste. Wir wirten seit etwa 35 Jahren, an manches haben wir uns gewöhnt.
Wagen Sie für uns doch bitte eine Prognose, wie sich die Situation entwickeln wird.
Das wäre unseriös. Der Montagabend war ziemlich gut gebucht, der Dienstag ebenfalls; alles Weitere wird sich zeigen. Wir fangen jetzt mal an, Ende Woche ziehen wir ein Fazit, dann wissen wir vielleicht schon ein bisschen mehr.
Haben Sie Ihre Speisekarte aufgrund der langen Pause angepasst?
Wir im Sternen belassen sie so wie bis anhin. Auf eine Spezialkarte verzichten wir hingegen. Das ist aber unser persönlicher Entscheid. Andere haben das Angebot reduziert, manche sogar ausgebaut.
Sollen die Leute, als eine Form von Solidarität, in der nächsten Zeit mehr Trinkgeld geben?
Ein interessanter Gedanke. (überlegt) Es ist sicher so, dass ein Teil der Gäste sich Gedanken gemacht hat und auch weiss, dass wir Einbussen hatten. Wir werden das so handhaben, dass das Trinkgeld in eine gemeinsame Kasse kommt und durch alle Mitarbeiter aufgeteilt wird.
Was möchten Sie noch loswerden?
Ich wünsche all meinen Kolleginnen und Kollegen den nötigen Mut und die Zuversicht, diese sicherlich nicht ganz leichte Aufgabe anzupacken. Das habe ich bereits in einem Rundschreiben mitgeteilt. Und ich möchte unsere Gäste dazu aufrufen, uns zu besuchen. Wir halten uns an die Vorschriften und gehen ganz bestimmt keine gesundheitlichen Risiken ein. Lassen Sie sich nicht von einer Trennwand oder einem Mundschutz abhalten! Die Richtung lautet: vorwärts.
Yves Schott