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Mit Käse bringt er 15 Millionen Fanherzen zum Schmelzen

Gluschtige Rezepte, gute Laune und ein iPad. In nur zwei Jahren ist Oluyomi Scherrer alias Thispronto aus Bern zum gefeierten TikTok-
Star avanciert. Sein Erfolgsrezept? Heiss und fettig.

Ein Mann mit schwarzem Basecap auf dem Kopf, ausgerüstet mit Handschuhen, Messer, Käse – und einem iPad. Die Küchenszenerie des Berner Internetstars Thispronto ist so simpel wie genial. Der gelernte Koch, der bürgerlich Oluyomi Scherrer heisst, unterhält mit seinen kurzen Rezeptvideos über 15 Millionen Menschen. Auch für ihn, der vor gerade mal zwei Jahren auf der Plattform TikTok seinen ersten Post absetzte, unfassbar. «15 Millionen ist keine Anzahl Menschen, die ich mir real vorstellen kann.»
Sein Style ist währschaft: Er paniert, frittiert und probiert, oft quillt der geschmolzene Käse hervor. Als Schneidebrett fungiert in den Kurzvideos dabei stets ein iPad. Das eigentlich unpraktische Küchenutensil ist mittlerweile Thisprontos Markenzeichen geworden. «Warum die Leute das so mögen, kann ich auch nicht genau erklären», gibt Scherrer zu. Zur der Idee kam er zufällig, einen Sponsoring-Deal von Apple hats aber noch nicht gegeben. «Das wäre nicht schlecht», lacht der TikToker.

Von einem Tag auf den anderen gekündigt
Die Clips haben sein ganzes Leben verändert, mittlerweile kann er gut von seiner Social-Media-Präsenz leben, verdient besser als in seinem alten Beruf. «Dafür ist das Gehalt unregelmässiger», gesteht er. Auch einige Kooperationen konnte Thispronto eingehen, hat seit ein paar Wochen einen zweiten Wohnsitz in Berlin. «Dort gibt es viel mehr TikToker und Events. Es ist anders als hier in der Schweiz. Bisher gefällts mir super.» Neue Erfahrungen und Inspiration sammeln, sich vernetzen. Scherrer ist noch dabei sich zurechtzufinden. «Aber ich möchte nie ganz zügeln, will immer noch gleich lange in Bern präsent sein und meinen Freundeskreis pflegen», sagt er über sein Pendlerleben.
Die letzten Monate sind wie im Flug an ihm vorbeigezogen. Trotz des Hypes um ihn wirkt der Koch geerdet und dankbar. Seine Familie und Freunde stehen hinter ihm. «Als meine Videos sehr gut liefen, kündigte ich von einem Tag auf den anderen. Vorher habe ich mit meiner Mama lange gesprochen. Meine Eltern haben jetzt auch TikTok und sind Fans.»
Nun setzt er alles auf die Karte Social Media. Die Selbstständigkeit war eine grosse Umstellung. «Ich muss selbst schauen und kann mir die Arbeit einteilen, habe aber auch keinen mehr, der mich antreibt», sagt Scherrer zu den Veränderungen. Seine Motivation ist hoch, seine grundpositive Art helfe ihm sehr. «Ich habe eigentlich immer gute Laune», sagt der junge Mann, der im realen Leben zurückhaltender rüberkommt als in seinen Videos. Da ist er mehr Showman: «Voll. In vielen Videos spreche ich nicht, ich muss es ja irgendwie interessant machen.» Durchschnittlich investiert er pro Clip drei Stunden Arbeitszeit mit Recherche, Einkauf, Produktion, Aufräumen, Schnitt.

Pfannenpech und Käseglück
So richtig was schief geht beim Dreh zum Glück selten. Die grösste Panne? «Mir ist mal die Pfanne mit heissem Fett umgefallen und der ganze Boden war voll.» Jeden Tag postet Scherrer neuen Content – auch in den Ferien oder wenn er mal krank ist. So richtig frei hat er also nie. «Ich habe stets im Kopf: Wie gehts weiter? Den Druck mache ich mir schon selbst, der kommt nicht von den Followern. Die Ideen sind mir zu meinem eigenen Erstaunen noch nie ausgegangen.»
Wer genau ihm da beim Kochen zuschaut, weiss Scherrer nicht. «Daten wie das Alter meiner Abonnenten gibt TikTok nicht an, aber ich weiss, dass meine Hauptzielgruppe zwischen 16 und 25 Jahre alt ist.» Männer und Frauen halten sich die Waage.
Thispronto gefällt es, mit seinen einfachen Rezepten Menschen fürs Kochen zu begeistern oder schlicht Lust aufs Essen zu machen. Er lacht: «Viele kochen nicht und werden es wahrscheinlich auch nie tun. Aber sie mögen meine Videos trotzdem.» Überwiegend bekommt er positive Kommentare, selten sind beleidigende Nachrichten bei Instagram dabei. Scherrer zuckt mit den Achseln: «Ich lasse solche Kommentare nicht an mich heran.»
Neben TikTok betreibt Scherrer noch andere Kanäle. In Zukunft will er mehr von sich zeigen, Kochtrends vorstellen und Gäste einladen. Auch stilistisch und technisch möchte er sich weiterentwickeln. Bisher dreht er alles mit der Handykamera. «Da ist noch Luft nach oben.» Einer seiner Träume: «Ein eigenes Lebensmittel im Supermarkt, das wäre cool.»
Eine spezielle Pizza von ihm gab es unlängst für sechs Wochen bei der Restaurantkette Spiga. «Darauf haben mich zwei Kids in Berlin sogar angesprochen, obwohl man sie ja nur in der Schweiz kaufen konnte», freut sich Scherrer. Auf der Strasse werde er inzwischen oft erkannt, gibt der Berner zu. «Ich freue mich eigentlich immer, wenn jemand ein Foto mit mir machen möchte.»
Die verrückteste Begegnung? «Letzte Woche sass ich in einem Auto zum Flughafen und ein Taxifahrer liess extra seine Fensterscheibe runter, um mir zuzurufen: ‹Hey, du bist doch der von TikTok!› Das war sehr lustig.»

Michèle Graf

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