Sie sind das Enfant terrible der Berner Schnitzelbank-Szene. «Die drei Musketiere» gehen in ihren Versen weiter als andere ihrer Zunft. Ein Trio sucht die Schmerzgrenze.
Dass jemand im Saal gar nicht lacht, passiert eher selten. Dafür wissen die drei Schnitzelbänkler viel zu gut Bescheid darüber, was ankommt. Trump? Klar, den kennt jeder. Doppeladler geht auch. Pierre Maudet? Vielleicht schon etwas heikler. Seit 22 Jahren ziehen Martin Begert, Andreas Flückiger und Marc Pfeuti als «Die drei Musketiere» zur Fasnachtszeit durch Berns Gassen und präsentieren dort einem erwartungsfrohen Publikum ihre Verse. «Themen zu finden ist kein Problem, aber man muss ja alles miteinander verbinden und dann sollte sich das Ganze auch noch reimen», sagt Begert, der sämtliche Texte vorträgt.
«Ich definiere, was lustig ist»
Nahen die närrischen Tage, trifft sich die Gruppe etwa einmal die Woche zum Brainstorming. Um Verse und Form kümmert sich Begert ganz alleine. Flückiger malt die Illustrationen, Pfeuti zieht zwischen den einzelnen Gedichten an seinem kleinen Handörgeli. Rund 30-mal treten die Musketiere am Berner Fasnachtswochenende auf, je etwa zwanzig Minuten. Begert nennt das einen doch «ordentlich kulturellen Beitrag». Was geht und was nicht, entscheiden nicht zuletzt die Ehefrauen der Hobbybarden. Laut Begert eine strenge Jury. «Manchmal glaube ich, einen Kracher zu präsentieren, und dann sagt jemand: ‹Schwierig!› Doch Kritik spornt mich nur noch mehr an.» «Die drei Musketiere» gelten als Enfants terribles der Berner Schnitzelbank-Szene. Weil sie inhaltlich immer mal wieder an die Schmerzgrenze gehen, Dinge sagen, die andere vielleicht andenken, aber nie öffentlich darbieten würden. So gibt es etwa diesen einen Reim von der Frau, die sich eine Muschel auf ihren Oberschenkel tätowieren liess. «Die drei Musketiere» folgerten daraus: «We du de ds Ohr gnau uf d Muschle leisch, schmöckts wie am Meer.» Ein wenig ratlos mache ihn das Verhalten der Leute dann manchmal, meint Begert. «Ich sehe, wie die Menschen Tränen lachen, aber nach der Show höre ich von denselben Zuschauern, dass wir jetzt schon ein wenig zu weit gegangen seien.» Doch was ist denn überhaupt erlaubt in diesen Tagen, in denen darüber diskutiert wird, ob Masken von Männern mit schwarzer Hautfarbe verboten werden sollen und sich das solothurnische Egerkingen während der närrischen Zeit weiterhin «Negerchinge» nennen darf? «Man muss schon aufpassen. ‹Neger› würde ich persönlich nie sagen, das macht nur ein Erich Hess», lacht Begert. «Mir ging auch das Schmähgedicht von Jan Böhmermann zu weit. Das Schöne ist aber: Bei unseren Auftritten definiere ich, was lustig ist.» So fand etwa das Unglück der Costa Concordia mit Kapitän Schettino, bei dem 2012 32 Menschen starben, trotz allem Aufnahme ins Programm der Musketiere. «Damals versuchten wir nicht die Havarie an sich, sondern vielmehr Kapitän Schettino in den Fokus zu rücken. Er hatte damals behauptet, er sei von Bord gerutscht. Auf diese Art gelang es uns, aus einer traurigen Geschichte was Lustiges zu zimmern.» Was Satire darf und was nicht, darüber gehen die Meinungen bekanntlich auseinander. Witzig und gehaltvoll müsse sie sein, wird häufig verlangt. Doch was heisst das? Im Fall der «Drei Musketiere», Ausgabe 2019: Transgender, Ursula Wyss oder der Klimawandel. Ihre Schnitzelbänke sind eine Art Ritt auf der Rasierklinge – ernsthaft geschnitten haben sich Begert, Flückiger und Pfeuti trotzdem noch nie.
Yves Schott