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Am 22. Oktober ist es wieder soweit: Die Schweiz wählt ein neues Parlament. Foto: KEYSTONE / PETER KLAUNZER

Ratgeber: Eidgenössische Wahlen

Die Schweizer Stimmbevölkerung wählt am 22. Oktober 2023 das Bundesparlament, bestehend aus National- und Ständerat. Im WahlBär-Ratg­eber findet sich alles dafür nötige und unnötige Wissen, um die bernischen Mitglieder des National- und Ständerats zu bestimmen.

Wie erhalte ich die nötigen Unterlagen?
Das Wahlmaterial kommt von der Wohngemeinde per Post in einem dicken Couvert. Es enthält die Wahllisten und Werbematerial der Parteien. Das Couvert vorsichtig öffnen, denn es wird wieder für die Stimmabgabe benötigt.

Wen kann ich wählen?
Nur Personen, die auf den Wahllisten aufgeführt sind. Im Kanton Bern kandidieren 776 Personen für dessen 24 Nationalratssitze – 328 Frauen und 448 Männer. Das ergibt pro Sitz 32 Kandidierende. Das ist neuer Rekord. Für die zwei Sitze im Ständerat sind 4 Frauen und 13 Männer im Rennen.

Warum kann ich nur 24 Sitze für den Nationalrat wählen und nicht alle 200?
Die 200 Nationalratssitze werden alle vier Jahre auf die Kantone im Verhältnis zu ihrer ständigen Wohnbevölkerung verteilt. Nur der Kanton Zürich hat noch mehr Sitze im Nationalrat als der Kanton Bern – nämlich 36. Jeder Kanton hat Anspruch auf mindestens einen Sitz im Nationalrat, was bei den sechs Kantonen mit den wenigsten Einwohnerinnen und Einwohnern der Fall ist.

Warum hat der Ständerat nur 46 Mitglieder?
Die Schweiz hat zwar 26 Kantone, woraus sich bei zwei Ständevertretungen pro Kanton eigentlich 52 Ständerätinnen und -räte ergeben würde. Doch gemäss Bundesverfassung haben sechs Kantone nur eine halbe Standesstimme – das sind umgangssprachlich die Halbkantone Obwalden, Nidwalden, Appenzell Ausserrhoden, Appenzell Innerrhoden, Basel-Stadt und Basel-Landschaft. Diese haben – anders als die restlichen Kantone – nur eine Vertretung im Ständerat. Daher setzt sich die kleine Kammer (so wird der Ständerat auch noch genannt) aus bloss 46 Mitgliedern zusammen. Der Ständerat soll den Ausgleich sicherstellen, dass die Grossen nicht die Kleinen überfahren. Der Kanton Uri mit seinen gut 36 000 Einwohnerinnen und Einwohnern ist auf absoluter Augenhöhe mit Zürich, in dem rund 1,5 Millionen Personen wohnen.

Warum muss ich beim Ständerat häufig zweimal wählen?
Weil er im Majorzsystem gewählt wird (vgl. separate Erklärung zu Majorz und Proporz). Die Kandidatinnen und Kandidaten mit den meisten Stimmen gewinnen. Im ersten Wahlgang schafft einen Sitz nur, wer das absolute Mehr erreicht – das ist mindestens eine Stimme mehr als die Hälfte aller gültigen Stimmen (absolutes Mehr). Das ist eine hohe Hürde, die häufig nicht genommen wird. Im zweiten Wahlgang gilt diese Regel dann nicht mehr, sondern gewählt sind die zwei Kandidieren mit der höchsten Stimmenzahl (relatives Mehr).

Beim Nationalrat muss ich mit Sicherheit nur einmal wählen?
Ja. Dieser ist eben keine reine Personenwahl wie der Ständerat. Der Nationalrat wird im Proporz gewählt (vgl. separate Erklärung zu Majorz und Proporz). Dabei gibt es zwei Arten von Stimmen: Die Listenstimmen und Kandidierendenstimmen. Tritt ein Mitglied des Nationalrats während der Legislatur zurück, steht der Person auf dem ersten Ersatzplatz der Sitz zu.

Wie werden die Nationalratssitze verteilt?
Proporz verteilt die Sitze zuerst auf Parteien, danach auf Köpfe. Folgendes Beispiel zur Veranschaulichung: In einem Kanton mit zehn Sitzen erhält eine Partei 20 Prozent aller Stimmen. Diese Partei hat somit Anrecht auf 20 Prozent der Sitze – also auf zwei Mandate. In einem ersten Schritt werden nun die Mandate gemäss Listenstimmen verteilt – daher die Bezeichnung Verhältniswahlrecht. Beim nächsten Schritt sind die Kandidierendenstimmen entscheidend. Die zwei Kandidierenden mit den meisten Stimmen auf dieser Liste ziehen in den Nationalrat ein. Dieses System ermöglicht eine Vertretung der Parteien und der Minderheiten im Parlament gemäss ihrem Wähleranteil.

Ist es leicht im Kanton Bern Nationalrat zu werden?
Es gilt die Regel: Je höher die Anzahl Sitze, die ein Kanton zu vergeben hat, desto tiefer ist die Hürde für einen Sitzgewinn. In einem Kanton mit nur einem Nationalratssitz müssen Kandidierende im Extremfall über 50 Prozent der Stimmen holen, im Kanton Bern mit 24 Sitzen liegt die Hürde bei etwas mehr als 4 Prozent. Einfach ist es trotzdem nicht. Die Konkurrenz ist gross.

Warum sind Kandidierende gewählt, die weniger Stimmen haben als nicht Gewählte?
Das kommt bei Nationalratswahlen vor und hat mit dem Proporzsystem zu tun. Hierbei werden zuerst die Anzahl Sitze auf die Listen aufgeteilt und danach die pro Liste erreichten Sitze auf die Personen, die darauf kandidiert haben.

Und was ist mit den Listenverbindungen?
Jetzt wird es noch komplizierter: Zwei oder mehr Parteilisten können sich als Listenverbindung zusammenschliessen. Die Parteien haben dann immer noch eigene Wahlliste, bei der Sitzverteilung werden sie aber in einem ersten Schritt als eine einzige Wahlliste behandelt. Erst beim nächsten Schritt werden die Sitze innerhalb der einzelnen Parteilisten verteilt. Ziel der Parteien dabei ist, den Verlust von Reststimmen zu verhindern und Sitze zu gewinnen, die sie sonst nicht hätten. GLP-Nationalrätin Melanie Mettler aus Bern beispielsweise besetzt ein Restmandat.

Erkenne ich, welche Liste mit welcher verbunden ist?
Ja. Das steht oben auf der Wahlliste.

Wie kann ich meine Favoritinnen und Favoriten wählen?
Hierbei gilt es zwischen National- und Ständerat zu unterscheiden.

Beim Nationalrat gibt es mehrere Möglichkeiten. Erste Frage: Wie kann ich meiner Lieblingspartei zum Wahlsieg verhelfen?
Rund die Hälfte der abgegebenen Wahllisten ist jeweils unverändert. Sie können aber auch die vorgedruckte Liste ihrer Lieblingspartei von Hand verändern – also Personen auf der Liste streichen und durch andere ersetzen. Wenn Sie Kandidierende von vielen unterschiedlichen Parteien wählen wollen, so können Sie eine leere Liste nehmen. Dafür von Hand die Kandidierenden sowie ihre Nummer in die dafür vorgesehenen Felder füllen. Oben auf dieser «Best-of»-Liste können sie den Namen und / oder die Nummer derjenigen Partei schreiben, die ihnen am nächsten steht. Dann zählen die leeren Zeilen als Listenstimmen für Ihre favorisierte Partei. Wenn die Liste keiner Partei zugeordnet ist, gehen diese leeren Zeilen als Stimmen «verloren». Damit eine Liste gültig ist, muss mindestens ein gültiger Name darauf stehen.

Zweiten Frage: Wie kann ich meinen Favoritinnen und Favoriten in den Nationalrat verhelfen?
Sie können die Personen, die unbedingt in die grosse Kammer (also in den Nationalrat) sollen, gleich zweimal auf ihre Liste schreiben (kumulieren). Wenn sie Favoritinnen oder Favoriten haben, die für anderen Partei kandidieren als ihrer Lieblingspartei, so können sie diese von Hand auf die vorgedruckte Liste setzen, die sie wählen wollen. Sie streichen Kandidierende darauf und setzen die anderen Personen an diese Stelle (panaschieren).

Was muss ich bei den Nationalratswahlen besonders beachten?
Immer die Namen, Vornamen und Nummern der Kandidierenden ausschreiben. Also keine Gänsefüsschen oder «dito». Ein Name darf bei den Nationalratswahlen nur einmal doppelt stehen, nicht mehrmals. Zudem darf der Wahlzettel nicht mehr Namen enthalten als es Sitze im Kanton hat. Es darf nur eine Wahlliste eingereicht werden.

Wie ich den Ständerat wähle.
Den Namen der Favoritin oder des Favoriten einmal auf den entsprechenden Wahlzettel notieren. Die zweite Linie kann leer bleiben oder mit einem weiteren Namen gefüllt werden – je nach Vorliebe und Taktik.

Kann ich bei den Ständeratswahlen auch dieselbe Person zweimal auf den Wahlzettel setzen?
Nein. Anders als beim Nationalrat ist hier kumulieren nicht möglich.

Welche Wahlkreise gibt es und welche Bedeutung haben diese?
Der gesamte Kanton ist für den Stände- und Nationalrat der Wahlkreis. Sie können also aus allen Regionen Kandidierende wählen. Die Parteien achten jeweils darauf, dass sie aus allen Kantonsteilen Kandidatinnen und Kandidaten aufstellen. Sie können also als Kriterium für Ihre Wahl auch die Herkunft der Kandidierenden nehmen.

Wer ist für den Kanton Bern im Ständerat?
Werner Salzmann (SVP) und Hans Stöckli (SP), der nicht mehr antritt. 17 Personen kandidieren für diese zwei Sitze, die meisten auch noch für den Nationalrat.

Wie sind heute die bernischen Nationalratssitze verteilt?
Zurzeit folgendermassen: 7 SVP, 4 SP, 4 Grüne, 3 GLP, 2 FDP, 2 Mitte, 1 EVP, 1 EDU. Vier Nationalratsmitglieder treten nicht mehr an (drei SVP, eine Freisinnige). Die anderen Bisherigen kandidieren wieder. Davon wohnen zehn in der Stadt Bern (vgl. Porträts).

Was machen viele falsch beim Wählen?
Der häufigste Fehler ist: Sie haben vergessen, den Stimmrechtsausweis bei der brieflichen Stimmabgabe zu unterschreiben. Ein anderer häufiger Fehler: Wahlzettel von anderen Personen – etwa von Familienmitgliedern – sind im Antwortcouvert. Solche Stimmabgaben sind ungültig.

Und wie wähle ich korrekt?
In den zugestellten Unterlagen steht auf dem Stimmrechtsausweis eine Anleitung und auch auf der Rückseite des Antwortcouverts. Diese Hinweise – sie sind nicht kompliziert – allesamt befolgen. Besonders wichtig: Immer den Stimmrechtsausweis im entsprechenden Feld unterschreiben und zusammen mit dem verschlossenen Stimmcouvert in das Antwortcouvert legen.

Muss ich das Antwortcouvert frankieren?
Ja, machen Sie das. So sind Sie sicher, dass ihre Stimmen zählen. Wenn Sie das Porto sparen wollen, können Sie am Wahlsonntag ihr Couvert persönlich in die Urne legen. Oder sie werfen es in Bern bis spätestens am Samstag, 12 Uhr, vor dem Wahltag in einen der folgenden Briefkästen: Beim Stadtpräsidenten im Erlacherhof an der Junkerngasse 47, im Bienzgut an der Bernstrasse 77 oder beim Fundbüro der Stadt Bern am Theatergässchen 2.

Was passiert, wenn zwei Personen gleich viel Stimmen erhalten und nur ein Sitz zu besetzen ist?
Das kommt äusserst selten vor. Dann entscheidet das Los. Ein kantonales Regierungsmitglied muss die Auslosung selbst vornehmen – eine elektronische Ziehung ist nicht erlaubt. Im Jahr 2011 fiel im Tessin das Los auf Marco Romano von der Mitte.

Soll ich überhaupt wählen?
Ja, denn unser National- und Ständerat haben weitreichende Kompetenzen und Gestaltungsmöglichkeiten. Ihr Zusammenschluss – die Bundesversammlung – wählt beispielsweise die Mitglieder des Bundesrats und der obersten Gerichte, im Kriegsfall sogar den General, was weltweit einmalig ist. Die Mitglieder der beiden Räte haben bedeutende Rechte für Vorstösse und sie verändern über 70 Prozent aller Regierungsvorlagen.

DIE KANDIDIERENDEN 2023

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Matthias Aebischer (SP)
Jahrgang: 1967
Nationalrat seit: 2011

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Kathrin Bertschy (GLP)
Jahrgang: 1979
Nationalrätin seit: 2011

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Nadine Masshardt (SP)
Jahrgang: 1984
Nationalrätin seit: 2013

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Melanie Mettler (GLP)
Jahrgang: 1977
Nationalrätin seit: 2019

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Tamara Funiciello (SP)
Jahrgang: 1990
Nationalrätin seit: 2019

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Aline Trede (Grüne)
Jahrgang: 1983
Nationalrätin seit: 2018 (2013-2015)

Bild13

Erich Hess (SVP)
Jahrgang: 1981
Nationalrat seit: 2015

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Christian Wasserfallen (FDP)
Jahrgang: 1981
Nationalrat seit: 2015

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Natalie Imboden (Grüne)
Jahrgang: 1970
Nationalrätin seit: 2022

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Flavia Wasserfallen (SP)
Jahrgang: 1979
Nationalrätin seit: 2018

UNSER WAHLSYSTEM

Die beiden Wahlsysteme sind der Schlüssel zur Verteilung der Sitze. Wir haben gleich zwei davon:

  • Der Nationalrat wird nach dem Proporz- oder Verhältniswahlrecht besetzt (ausser in den Kantonen mit nur einem Sitz, dort gilt Majorz).
  • Der Ständerat nach dem Majorz- oder Mehrheitswahlrecht (ausser in den Kantonen Jura und Neuenburg). Der Wahlkreis
    für beide Räte ist der jeweilige Kanton.

Was bedeutet Majorzwahlrecht?
Majorzwahlen sind Mehrheitswahlen. Das heisst, dass eine Kandidatin, ein Kandidat beim ersten Wahlgang über 50 Prozent aller Stimmen haben muss, um gewählt zu sein (absolutes Mehr). Beim zweiten Wahlgang wird dann die Kandidatin, der Kandidat mit den meisten Stimmen gewählt, auch wenn sie oder er nicht die Hälfte aller Stimmen erreicht hat (relatives Mehr). Somit muss eine Kandidatin,ein Kandidat bei Majorzwahlen von einer breiten Bevölkerung unterstützt werden und eher mit der eigenen Persönlichkeit, als mit der Partei, überzeugen.

Was bedeutet Proporz­wahlrecht?
Proporzwahlen sind Verhältniswahlen. Das bedeutet in erster Linie, dass die Sitze auf verschiedene Parteien verteilt werden. Parteien, die mehr Stimmen gewonnen haben, erhalten somit auch mehr Sitze. Die Nationalratssitze eines Kantons werden also an die verschiedenen Parteien verteilt. Erst in einem zweiten Schritt wird berechnet, welche Kandidatin, welcher Kandidat dieser Partei ins Parlament kommt. Das Proporzsystem bietet deshalb auch kleineren Parteien die Chance, ebenfalls Sitze zu gewinnen. Das ist bei einer Majorzwahl schwieriger.

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