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Rund um die Uhr einsatzbereit

Der achtjährige Capper und sein «Frauchen» Sandra Büchel bilden ein Team bei der Vermisstensuche in der Regionalgruppe Bern von REDOG, dem Schweizerischen Verein für Such- und Rettungshunde. Die Hundeführerin erzählt von ihrem Engagement.

«Guten Morgen, willkommen zum Training. Mit dem Wetter kommts gut, ab zwölf Uhr wird sich die Sonne zeigen!» Gruppenleiterin Maja Greminger begrüsst die rund 20 Teilnehmenden – Hundeführer:innen und Figuranten der REDOG-Regionalgruppe Bern – zur Tagesübung in der Vermisstensuche. Ort des Geschehens: Übungsplatz von «have-fun Fahrtrainings», mitten im Wald an der Riedholzstrasse in Feldbrunnen-St. Niklaus bei Solothurn. Das nass-kalte Wetter an diesem Sonntagmorgen des 12. März tut der heiteren Stimmung jedoch keinen Abbruch. Maja Greminger gibt Hinweise zum Übungsgelände, empfiehlt den Figuranten, ihre Funkgeräte in den Einsatz-Revieren auszuschalten: «Sonst hört es der Hund und sucht nicht mehr nach Nase – er ist ja nicht blöd!» Bevor die Teams zum Training in den Wald «ausschwärmen», stärken sie sich mit wärmendem Kaffee und Gebäck.

Zeitaufwändiges Hobby
Sandra Büchel, Hundeführerin und Medienverantwortliche der REDOG-­Regionalgruppe Bern, nimmt mit ihrem Geländesuchhund «Capper» am Training teil. Capper ist ein achtjähriger ungarischer Magyar Vizsla-Vorstehhund. Bis er neun Jahre alt ist, wird Sandra Büchel alle drei Jahre die Einsatzfähigkeit von Capper durch einen Bestätigungstest absolviert haben, danach jedes Jahr. Parallel zu Capper trainiert sie bereits mit einem zweiten, zehn Monate jungen Vizsla, um ihn auf seine künftige anspruchsvolle Aufgabe im Gelände vorzubereiten.

Gibt es Hunde, die sich besonders zur Vermisstensuche eignen? Dazu Sandra Büchel: «Ein Bernhardiner wäre zu gross, ein Zwergpinscher zu klein. Rassen wie Labradore, Malinois, Vizslas und Border Collies bringen die besten Voraussetzungen mit.» Die wichtigsten Anforderungen seien Ausdauer und Freude am Suchen. «Bei einem Einsatz sind wir oft einen ganzen Tag unterwegs und suchen mehrere Stunden erfolglos und trotzdem muss die Motivation zum Suchen noch vorhanden sein», ergänzt Sandra Büchel.

Bei einem Ernstfalleinsatz besteht ein Suchteam stets aus Hundeführer:in, Hund und SAR-Helfer:in (Search and Rescue). SAR-Helfer:innen sind geschult in der Orientierung mit Karte, Kompass und GPS. Sie unterstützen die Hundeführer:innen mit ihrer Arbeit in der optimalen Abdeckung des zugeteilten Suchgebietes.

Sandra Büchels sinnstiftendes Hobby nimmt viel Zeit in Anspruch: Vier bis fünf Stunden wöchentlich Trainings, einmal pro Monat an einem Samstag oder Sonntag ganztags, dazu drei bis vier Wochenend-Trainings im Jahr. Aber ihre Familie steht geschlossen und verständnisvoll hinter ihrer Freizeitbeschäftigung.

Keine schlaflosen Näche
Sandra Büchel hat sich bewusst für den Bereich «Vermisstensuche» entschieden. Warum? «Bei der Verschüttetensuche in einem Katastrophengebiet ist mir das Gefahrenpotenzial zu gross und es wäre meiner Familie gegenüber unfair, wenn ich im Ausland bin und nie weiss, ob ich gesund wieder nach Hause zurückkehre.» Sie erwähnt das verheerende Erdbeben vom 6. Februar 2023 in der Türkei und in Syrien. «Wir bangten um unsere Kolleginnen und Kollegen in der Regionalgruppe, als sie dort im Einsatz waren», erinnert sie sich.

Die REDOG-Suchteams sind während 365 Tagen und 24 Stunden auf Pikett. «Mein Handy ist immer eingeschaltet», erzählt Sandra Büchel. Bei einem Suchauftrag geht von der zentralen REDOG-Einsatzleitung eine Alarm-SMS an alle einsatzfähigen Teams der ganzen Schweiz, zum Beispiel «Raum Solothurn, 16 Uhr». Jedes Team, das den Einsatz leisten kann, quittiert mit «Ja». Die Zentrale entscheidet danach, wer und wieviele Teams eingesetzt werden müssen. Wer ausgewählt wird, erhält per SMS die genauen Koordinaten des Treffpunktes, die Nicht-Berücksichtigten erhalten die Meldung «Einsatz ist erfolgt». «Bei vermissten Wanderern kennt man beispielsweise den Ausgangsort oder Familienangehörige verraten, wo sich die vermisste Person oft aufhält», erzählt Sandra Büchel. «Man beginnt beim vermuteten Hauptpunkt und weitet dann die Suche für die Teams gebietsmässig in verschiedene Sektoren aus. Per Funk wird jeweils das Ende des Sektoren-Einsatzes gemeldet und wir erhalten von der Einsatzleitung einen neuen Such-Sektor.» Die Geländesuchhunde orientieren sich nach menschlichen Gerüchen. Das Anzeigen erfolgt durch «Bringseln» – das Apportieren einer am Halsband befestigten Kordel – oder durch Bellen.

Die meisten vermissten Personen können leider nur noch tot geborgen werden. Dieser Tatsache ist sich Sandra Büchel bewusst. Wie geht sie damit um? Hat sie schlaflose Nächte? «Nein, das gehört für mich zur Professionalität», sagt die erfahrene Sozialpädagogin. «Es geht vielfach um Suizid und wir wissen, was wir antreffen werden. Unsere Arbeit ist dann erfolgreich, wenn wir die vermisste Person finden und wir den Angehörigen die Ungewissheit nehmen können.» Den letzten Einsatz hatte Sandra anfangs März; vier Suchteams waren im Einsatz, die vermisste Person wurde ausserhalb des REDOG-Suchgebietes nicht mehr lebend gefunden. Dennoch: «Bei Einsätzen mit Kindern ‹schnauft› man zweimal, bevor man loszieht», gesteht sie.

Capper ist ungeduldig, drängt zum Einsatz, ist schwierig zu fotografieren. Er zeigt sichtlich Arbeits- und Lauffreude – die idealen Voraussetzungen für einen Geländesuchhund.

Peter Widmer

Sandra Büchel (53) wuchs in Wahlendorf auf. Die diplomierte Sozialpädagogin arbeitet hauptberuflich als Leiterin der Tagesschule Worben. Seit 2013 ist sie als Hundeführerin für Vermisstensuche bei REDOG, Regionalgruppe Bern, tätig. Sandra Büchel ist verheiratet, hat zwei Kinder und lebt in Worb.

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