Das Wasserspiel ist zurück. Zum ersten Mal seit seiner Eröffnung 2004 wurde es einer grossen Sanierung unterzogen. Bevor die Fontänen aufwärts spritzen, ging der Bärnerbär aber erstmal abwärts.
Und hier sollen bald wieder Kinder herumspringen und Fontänen in die Höhe schiessen? Bis Ende der vergangenen Woche deutete wenig darauf hin: Jedenfalls verdeckte noch ein riesiges weisses Zelt die Fläche des Wasserspiels auf dem Bundesplatz, das ab Donnerstag nach der üblichen Winterpause wieder seinen Betrieb aufnimmt.
Wobei so üblich der Unterbruch diesmal nicht war: Zum ersten Mal seit der Eröffnung des Platzes am 1. August 2004 wurde die gesamte Technik einer umfassenden Sanierung unterzogen. Ein Lifting nach 15 Jahren – darf man ja mal machen. Vor allem dann, wenn die Schalter, Pumpen und Leitungen ihre vorgesehene Lebensdauer von zehn Jahren eigentlich schon längst überschritten haben.
55 000 m³
Wasserverbrauch pro Jahr mit Frischwasser
Fünf Monate lang nahmen die Arbeiten in Anspruch, auf 2,2 Millionen Franken belaufen sich die Kosten. Es ist Mittwochnachmittag, ein strahlend schöner noch dazu. Nur die kräftige Bise stört. Im Zelt merkt man vom Wind allerdings kaum etwas. Es riecht noch etwas nach Staub, eine Taube flattert verwirrt herum, noch sitzt nicht alles perfekt. Ein Leuchtkörper, der etwas zu tief im Boden liegt und als Lichtkegel für alle Arten von Spritzbrunnen dient, fällt ins Auge. Projektleiter Simon Mosimann, und Roger Lüscher, Leiter Unterhalt von Sonderbauwerken, beide beim Tiefbauamt der Stadt Bern tätig, treffen ein.
Lichtband ist neu aus Stein
Mosimann erklärt, was sich an der Oberfläche alles geändert hat: Die Rinnen wurden unter den Platten neu mit einem Stahlprofil abgedichtet, der Wasserverlust ist ab sofort nun deutlich kleiner.
Die langgezogene Leuchtröhre, das sogenannte Lichtband, gehört ebenfalls der Vergangenheit an. «An der Glasabdeckung entstanden immer wieder Schäden, was mit der Zeit nicht mehr unterhalten werden konnte. Abgesehen davon, dass das Lichtband sowieso nur wenige Jahre funktioniert hat und dann seinen Geist aufgab», erklärt Mosimann.
25 m³
Wasserausstoss pro Stunde
Die Last der Märitstände und Veranstaltungen setzte der fragilen Glasabdeckung enorm zu, durch die entstandenen Risse drang Dreck unters Lichtband und verursachte Schäden an der Beleuchtung.
Den Streifen an sich gibt es natürlich nach wie vor. Er besteht jetzt aber aus Stein; Valser Gneis, wie der Rest des Platzes. Er hebt sich durch die helleren, feineren Konturen vom Rest ab. Wer genau hinsieht, erkennt die Veränderung, die im Hinblick auf die neue Saison vorgenommen wurde.
Pumpen, Technik und ein WC
Weiter in den Untergrund, das unsichtbare Herzstück des Wasserspiels. Hinab geht es via festinstallierte Eisentreppe. Zwölf Grad und eine Luftfeuchtigkeit von 70 Prozent zeigen Thermo- und Hygrometer an. Die Werte variieren aufgrund des dicken Gesteins während der Jahreszeiten kaum, Pullover und eine Jacke sind für einen längeren Aufenthalt daher unerlässlich.
360 Tonnen
Gewicht aller Beton-Platten
Unten angekommen, wirkt der Raum zugegebenermassen weniger spektakulär, als es sich vielleicht vermuten liesse. Überall Rohre … vor allem das. Ein riesiger Tank zur Wasserzwischenlagerung. Pumpen, die die insgesamt 26 Düsen mit genug Druck versorgen. Ein WC. Und ein etwas versteckt gelegener Technikraum mit Hunderten Lämpchen, Kabeln und Knöpfen. Von hier aus lassen sich auch die Choreografien bei speziellen Anlässen steuern: Bundesratswahlen, Konzerte oder das Lichtspektakel.
Roger Lüscher zeigt die Rohre der neuen Lüftungsanlage, die den modernsten Ansprüchen entspricht. Zuvor wurde Luft aus einem Strassenschacht angezapft. Die grösste Änderung betrifft indes die Wasserleitung: keine Chemie, kein Chlor, keine Wiederaufbereitung mehr. «Früher hatten wir hier unten eigentlich ein grosses Schwimmbad», scherzt Lüscher.
Der einzig nennenswerte Unfall in Zusammenhang mit dem Wasserspiel liegt schon rund fünf Jahre zurück: 2014 lief beim Transport von mehreren Chemiekanistern eine Flüssigkeit aus. Der Bundesplatz wurde für eine kurze Zeit gesperrt, drei Personen mussten vorübergehend ins Spital. Ernsthaft zu Schaden kam niemand.
225 m²
Gesamtfläche des Wasserspiels
Wieso nun die Änderung? Die Vorteile liegen für Lüscher auf der Hand: «Es braucht kaum Unterhalt, die Qualitätskontrollen der Wasseraufbereitung fallen weg, der Energiebedarf wird kleiner – und das Risiko von Betriebsausfällen sinkt, da weniger technische Komponenten involviert sind.» Wer in der heissen Jahreszeit vom Durst überfallen wird, kann sich in Zukunft also nicht nur an einem Brunnen bedienen, sondern direkt am Wasserspiel. Hahnenburger frisch ab Presse.
175 m
Länge der verlegten Leitungen
Somit wird der Bademeister ebenfalls überflüssig. Ein Badewasserspezialist, der bis dato anwesend, ja vonnöten war und sich mit Chemie auskannte, wohlgemerkt; nicht einer, der in «Baywatch»-Manier in roten Badehosen mit Rettungsboje das Areal überwachte.
Schliesslich und ebenfalls wichtig war den Verantwortlichen des Wasserspiels der ökologische Aspekt – in Zeiten der aktuellen Klimadiskussion ein nicht wegzudenkender Faktor. Natürlich, sagt Simon Mosimann, brauche es deutlich mehr Frischwasser. «Auf der anderen Seite sind Chemikalien ja auch nicht unbedingt sehr ökologisch.»
Herzblut und Wehmut
Sowieso hat die Hauptstadt definitiv kein Problem mit zu wenig Trinkwasser – das Gegenteil ist der Fall. «Der Spitzenbedarf 2017 lag bei 77 Millionen Litern am Tag, der Mittelwert steht bei 54 Millionen. Nun verfügen wir über eine konzessionierte Wassermenge von 120 Millionen Litern, das heisst, wir verbrauchen
im Schnitt etwa die Hälfte von dem, was zur Verfügung steht.» Das sagte Bernhard Gyger, Geschäftsführer des Wasserverbunds Region Bern, in einem Interview mit dem Bärnerbär am 2. Oktober des vergangenen Jahres.
Nicht einmal der vergangene Hitzesommer führte zu einer Knappheit. «Das neue Wassersystem wurde deshalb im Stadtrat gar nicht so kontrovers diskutiert, wie man das vielleicht hätte erwarten können», stellt Mosimann fest. «Kommt es zu einer Notsituation, wird der Betrieb sowieso eingestellt, genauso wie sämtliche Berner Brunnen auch.»
18 500 kWh
Stromverbrauch des Wasserspiels pro Saison
Nach rund einer Stunde ist der Rundgang zu Ende. Bei Mosimann und Lüscher ist Vorfreude auf die neue Spielzeit zu spüren. Letzterer verbindet mit dem Wasserspiel gar viel «Herzblut», weil er es seit mehreren Jahren betreue. «Ich bin dann jeweils etwas wehmütig, wenn es eingewintert wird.»
Es wächst die Erkenntnis, dass sich das nasse Spektakel innert so kurzer Zeit zu einem nicht mehr wegzudenkenden Wahrzeichen Berns entwickelt hat. Kritik gibt es nicht einmal von politischer Seite: Bei Links und Rechts ist das Wasserspiel breit akzeptiert. Den trostlosen Grossparkplatz von früher vermisst niemand.
Vielleicht hätten es einige Eltern noch als gefährlich eingestuft, dass Kinder vom Bärenplatz her, ohne sich umzuschauen, zur Platzmitte rennen würden. Hier fuhren bis vor kurzem viele Autos sowie die Bernmobil-Busse durch. Doch wurde der Bereich Amthausgasse-Schauplatzgasse jetzt sogar in eine Begegnungszone umfunktioniert. Was bedeutet: Zu Fuss Gehende haben immer Vortritt.
Die warme Jahreszeit kann also kommen. Mit viel frischem, kühlem Wasser. Am besten von unten und nicht von oben.
Yves Schott
Das Wasserspiel startet am Donnerstag, 4. April um 11 Uhr und bleibt bis Ende Oktober in Betrieb.