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«Spätestens hier wird klar: Da stimmt etwas nicht»

SWISSONE-Gründer Vernon Stuber erklärt, weshalb er dem Toblerone-Konzern nicht über den Weg traut und wieso seine Schoggi Corona-konform ist.

Wir erreichen Vernon Stuber telefonisch auf Mallorca. Eigentlich wollten wir uns mit ihm persönlich in seinen Büroräumlichkeiten in Gümligen treffen – doch kurz vor seiner Rückreise in die Schweiz wurde Stuber positiv auf das Coronavirus getestet. Nun befindet er sich in einem Hotelzimmer in Isolation, gleich nebenan sind seine Frau und seine Tochter einquartiert. Am Donnerstag will er dann endlich in den Flieger steigen, der die Familie nach Hause bringt.

Herr Stuber, mögen Sie eigentlich Toblerone?
Ich mochte sie mal wahnsinnig gerne, ja. Als Berner war man doch Toblerone-Fan! Der Name steht für eine altehrwürdige Traditionsmarke, die ich stets respektiert habe. Ich wollte sie mit meinem Produkt auch nie konkurrenzieren. Bloss habe ich je länger, je mehr festgestellt, dass die Schokolade kaum mehr so schmeckt wie früher: Sie besteht mittlerweile zu beinahe 60 Prozent aus Zucker, das können Sie auf der Rückseite der Toblerone-Verpackung nachlesen.

Wie sind Sie eigentlich auf die Idee gekommen, Schoggi zu fertigen, die jener von Toblerone ähnelt?
Die Idee war nicht, eine Schokolade zu entwickeln, welche der Toblerone ähnelt, sondern eine Schokolade mit hochwertigen Zutaten und mehr Kakao als Zucker herzustellen. Bezüglich Namen und Form ergab es sich wie folgt: Ich habe zeitweilig in Mosman im australischen New South Wales gelebt, wo ich erstmals Schokolade herstellte. Nach Sydney fuhr ich gerne mit der Fähre. Im Hafen entdeckte ich zwei Rennsegelboote, die Kookaburra One und Kookaburra Two hiessen. Ich liebäugelte mit der Idee, eine weitere Schokoladenmarke zu lancieren und entschied mich, wegen des ersten Bootes, für den Namen AussieOne. Bei der Form entschied ich mich für eine Anlehnung an die Silhouette der Sydney Opera, die einem Orangenschnitz oder Dünen und Muscheln gleicht.

Und dann?
2008 zog ich zurück in die Schweiz. Ich war Hausmann, habe oft gekocht und stellte fest, wie sich der Geschmack der Frey-Schokolade ebenfalls verändert hatte. Obwohl das AussieOne-Schoggiprojekt nie lanciert wurde, dachte ich: Vielleicht hat so eine Idee ja in meiner Heimat Erfolg. Also machte ich aus AussieOne SWISSONE, nahm dieselbe Form und fand, dass man den Look mit etwas Fantasie durchaus der Schweiz zuordnen könnte. Wenn ich Toblerone hätte kopieren wollen, hätte ich mir definitiv etwas anderes einfallen lassen.

Mondelez verklagt SWISSONE bereits zum zweiten Mal, diesmal in einem ordentlichen Verfahren. Der US-Konzern wirft dem Schweizer Start-up vor, vom guten Ruf der Toblerone zu profitieren und will den Verkauf der Schokolade deshalb verbieten – wegen des Aussehens, aber auch weil beide Marken auf «one» enden. Juristisch wird das «Rufausbeutung» genannt. In einer ersten Verfügung entschied das Berner Obergericht im Januar 2021 zugunsten von SWISSONE.

Können Sie verstehen, dass der Toblerone-Konzern Mondelez sauer ist?
Nein, das ist völlig jenseits! Schliesslich geht es darum, ein bestimmtes Produkt nicht mit einem anderen zu verwechseln. Und das wird es nicht! Laut Umfragen sagen einige Konsumenten zwar, SWISSONE erinnere sie an Toblerone – aber verwechselt werden die Produkte nicht.

Gemäss dieser von Ihnen erwähnten Umfrage wissen über 90 Prozent der Leute zudem, dass Toblerone zum Mondelez-Konzern gehört.
Genau. Und spätestens hier wird klar: Mit den Ergebnissen stimmt etwas nicht. Auch deshalb wehren wir uns gegen diese amerikanische Art der Einschüchterung, die auch Angst einjagen will. Ausserdem sehe ich nicht ein, wieso Toblerone mit einer simplen Dreiecksform den Raum zwischen einer Tafel und einem Mundvoll Schokolade monopolisieren kann.

Was von aussen betrachtet verwundert: Migros und Coop verkaufen ähnliche Artikel, nur scheint das dort niemanden zu stören.
Der Toblerone-Klon der Migros heisst Mahony und hat, genau wie die Toblerone, eckige Zacken. Warum Mondelez bei uns interveniert und bei der Migros nicht – diese Frage kann Ihnen nur Mondelez beantworten. Unsere Abgrenzung zur Toblerone ist klar: SWISSONE ist rund, hat Sollbruchstellen und die einzelnen Schoggistücke lassen sich nacheinander abbeissen. Ausserdem ist unsere Schoggi coronasicher: Toblerone muss man von Hand abbrechen, SwissOne können Sie im Beutel zerkleinern und dann rausnehmen (lacht).

Wie viel Geld hat Sie der Rechtsstreit mit Mondelez bis jetzt eigentlich gekostet?
Genaue Zahlen möchte ich keine nennen. Der Betrag liegt im fünfstelligen Bereich, wobei uns Mondelez nach dem Urteil des Berner Obergerichts einen Teil der Verfahrenskosten zurückzahlen musste. Durch das aktuelle Verfahren wird hingegen wieder einiges dazukommen.

Wann erwarten Sie das Urteil?
Falls die Sache erst vor Bundesgericht beantwortet wird, dürfte es durchaus Sommer 2023 werden. Wir haben vor kurzem unsere Klageantwort eingereicht – allein die Klage von Toblerone umfasst übrigens 97 Seiten.

In der «SonntagsZeitung» von Mitte Dezember meinten Sie, dass, sollten Sie den Rechtsstreit diesmal verlieren, Sie einen Plan B in der Schublade hätten – Details wollten Sie hingegen keine bekanntgeben. Verraten Sie uns mehr?
Nein, da muss ich leider passen.

Wir vermuten: Sie ändern schlicht die Form Ihrer Schoggi.
Wir hängen logischerweise an unserem jetzigen Produkt und möchten dieses Verfahren unbedingt gewinnen. Umso mehr, wenn die Amerikaner den juristischen Zweihänder auspacken.

Verkauft sich SWISSONE seit der Berichterstattung in den Medien besser als zuvor?
Wir erhalten viele erfreuliche Feedbacks von Konsumentinnen und Konsumenten. Die Ideologie von SWISSONE ist klar: Uns geht es um die Schoggiqualität. Bei unseren Erzeugnissen soll auf der Zutatenliste zuerst Schokolade stehen statt Zucker. Wir sind bemüht um beste Qualität und bei uns arbeiten Menschen, die eine riesige Passion für Schokolade haben. Um auf Ihre Frage zurückzukommen: Sicherlich profitieren wir von der Pressepräsenz – am Ende des Tages wird unser Produkt allerdings hauptsächlich wegen seiner guten Qualität gekauft.

Wie sehr belastet Sie die Sache eigentlich persönlich?
Der Brand SWISSONE wurde als Start-up aufgebaut, klar steckt da viel Herzblut und Zeit drin. Müssten wir das Produkt neu entwickeln und damit wieder von vorne anfangen, wäre das definitiv äusserst mühsam und belastend.

Ihr Tipp, wie das Verfahren ausgeht?
Ich hoffe, die Richter urteilen so objektiv wie beim ersten Mal. Und ich möchte zum Schluss noch etwas sagen, das mir auf dem Herzen liegt.

Bitte.
Ich befasse mich fast den ganzen Tag mit Schoggi. Teste ich am Tag mehrfach Schokolade aus, habe ich abends immer noch nicht genug davon. Schokolade ist ein Luxusprodukt. Man soll sie geniessen und nicht als Ersatz etwa für einen Apfel ansehen. Dazu möchte ich gerne beitragen: Dass Schokolade wieder ein feines, reines Genussmittel ist, das der Schweizer Schoggitradition entspricht.

Yves Schott

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