Politisch trennt sie einiges. Was die beiden hingegen eint, ist die Liebe zu Köniz. Lesen Sie, was Tanja Bauer und Christian Burren mit ihrer Gemeinde vorhaben.
Tanja Bauer und Christian Burren, was macht Köniz gut, was weniger?
Tanja Bauer: Köniz ist eine Art kleiner Kanton Bern. Wir zeigen hier, wie sich Stadt und Land zusammenbringen lassen. Wie eine intakte Landschaft mit städtischer Infrastruktur und Verkehrswegen kombiniert wird. Es gibt zahlreiche Vereine mit engagierten Leuten, wir sind ein innovativer Wirtschaftsstandort mit viel Potenzial. Das Bildungsangebot ist hervorragend. Was Köniz besser machen könnte, ist, stolz auf diese Stärken zu sein. Köniz wurde in letzter Zeit vor allem negativ beleuchtet. Doch vieles ist besser als in den Medien dargestellt, auch finanziell. Ich möchte Köniz wieder in ein gutes Licht rücken.
Christian Burren: Aus meiner Sicht entwickelt sich Köniz sehr gut, und das schon seit längerem. Der einzige Fehler, der passiert ist: Wir haben für die angestrebte Entwicklung der Gemeinde die Finanzierung nicht sichergestellt. Aber wir haben mit dem Papillon ein tolles Wohnbauprojekt, Köniz gewann 2012 den Wakkerpreis … die Liste liesse sich erweitern. Es ziehen nicht umsonst so etliche junge Familien hierher.
Köniz fehlt es trotz bewilligter Steuererhöhung weiterhin an Geld. Wie würden Sie als Gemeindepräsidentin mit dieser Situation umgehen?
Bauer: Der Handlungsspielraum ist begrenzt, man wird das Wünschbare vom Machbaren trennen müssen. Wir müssen aber darauf achten, Stärken wie Bildung, Kinderbetreuung und Umwelt nicht zu vernachlässigen. Auf notwendige Investitionen zu verzichten, erachte ich als fahrlässig, gerade im Energiebereich.
Burren: Wir sollten uns stets fragen: Wo generieren die Investitionen den grössten Nutzen für unseren Kunden? Unser Kunde, das sind die Bürgerinnen und Bürger. Was wir vorhaben, müssen wir uns auch leisten können.
Können Sie überhaupt sparen, Frau Bauer? Sie gehören schliesslich zum linken Flügel der SP.
Bauer: Ja, das kann ich. (lacht) Ich habe in den letzten Jahren erlebt, wen es zuerst trifft, wenn die Finanzen in Schieflage geraten: die sozialen Angebote und die Umwelt. Deshalb ist es mir als SP-Politikerin ein grosses Anliegen, das Budget im Lot zu halten. Gleichzeitig ist es mein Ziel, in Zukunft über mehr Handlungsspielraum zu verfügen. Das schaffen wir, indem wir der Wirtschaft gute Rahmenbedingungen bieten und neue Unternehmen anziehen. Bei den Investitionen in die Zukunft sehe ich es etwas anders als Herr Burren. Jede Unternehmerin, jeder Unternehmer weiss: Wer in einem bestimmten Moment nicht die richtigen Investitionen tätigt, kann schnell in eine Negativspirale geraten.
Berns Parlament führte letzte Woche für das städtische Personal einen Elternurlaub von sechs Wochen ein, dazu wird der Vaterschaftsurlaub von vier auf acht Wochen verdoppelt und obendrauf gibt es einen vorgeburtlichen Urlaub von drei Wochen. Ein für Köniz ebenfalls realistisches Szenario?
Bauer: In Köniz wurden in diesem Bereich bereits Verbesserungen eingeführt. Falls das Personal im Austausch weitere Massnahme als wichtig erachtet, fände ich das eine gute Sache. Die Vereinbarkeit von Beruf und Familie hat Signalwirkung und kostet am Ende des Tages verhältnismässig wenig. Solche Massnahmen helfen, sich als moderner Arbeitgeber zu positionieren.
Zum Wahlkampf: Sie, Herr Burren, werden von sämtlichen bürgerlichen Parteien, sogar von der GLP, unterstützt. Rein rechnerisch haben Sie das Rennen also schon gewonnen.
Burren: Eine Präsidiumswahl ist aus meiner Sicht eine Kopfwahl. Würde man Stimmenanteile der letzten Parlamentswahlen zusammenzählen, gäbe ich Ihnen recht. Ich gehe davon aus, dass wir beide in etwa dieselben Chancen haben. Viel wichtiger für die weitere Zukunft ist hingegen, die Parteien wieder zusammenzuführen. In der Vergangenheit war man oft zerstritten, davon nehme ich meine Partei übrigens nicht aus. Es fehlte der Konsens. Die beiden Pole müssen sich Richtung Mitte bewegen.
Irgendwie hat man nicht den Eindruck, dass hier jemand von der SVP vor einem sitzt.
Burren: Ich politisierte im Könizer Parlament fast zwölf Jahre lang als Parteiloser. Ja, ich habe Mühe mit gewissen Parteiexponenten auf nationaler Ebene, von ihnen distanziere ich mich. Deswegen ist Ihre Bemerkung berechtigt. Die Könizer Sektion wiederum ist sehr liberal. Ich liefere Ihnen gleich den Beweis dazu: 2010 wurde ich als Parteiloser Parlamentspräsident, nominiert von der SVP-Fraktion. Das hat es in der 100-jährigen Könizer Parteigeschichte zuvor noch nie gegeben.
Frau Bauer, Sie sind ja erst vor rund acht Jahren in die Politik eingetreten. Für den Wahlkampf ein Vor- oder ein Nachteil?
Bauer: Ich habe schon früher im Kanton Freiburg für Regierungsrätin Anne-Claude Demierre gearbeitet, verantwortete dort grössere interne Projekte. Der Entscheid, eine aktivere Rolle einnehmen zu wollen, passierte schliesslich 2013. Ich habe als Grossrätin und Mitglied der Finanzkommission viel politische Führungserfahrung sammeln können und bin regional gut vernetzt.
Herr Burren, im Wahlkampf setzen Sie demonstrativ auch aufs Velo. Wie wichtig ist Ihnen als SVP-Mann die Umwelt?
Burren: Ich trage die Natur nicht auf den Lippen, sondern im Herzen. Dass mir vorgeworfen wird, ich hätte keine Solarzellen auf dem Dach – das ist, mit Verlaub, absoluter Mumpitz. Es gibt noch andere alternative Energieformen. Sie suchen in meinem Wohnhaus etwa vergeblich einen Elektroboiler. Wir benutzen erneuerbare Energieträger wie Holz, das wir in unseren Wäldern in massiven Mengen produzieren, was den Wald vital hält und das übrigens CO2 bindet. Die Solaranlage ist übrigens bestellt, Liefertermin ist im nächsten Frühling. (schmunzelt)
Sie selbst sassen, so heisst es, in Ihrem gesamten Leben erst sechs Stunden lang in einem Flugzeug.
Burren: Ich kann Ihnen sogar sagen, wo das war: auf der Hochzeitsreise nach Tunesien. Zwei Stunden nach Monastir und wieder zurück – und dann noch ein Flug von Basel nach Paris retour.
Bauer: Ich erachte es als richtig und wichtig, dass alle ihren Beitrag zum Umweltschutz leisten. Ich persönlich besass nie ein Auto, selbst damals nicht, als ich auf dem Land gewohnt habe – und ich fahre ich gerne mit dem Zug in die Ferien. Aber auch die Gemeinde soll ihre Verantwortung wahrnehmen und den Leuten und der Wirtschaft Möglichkeiten bieten, erneuerbar und nachhaltig unterwegs zu sein.
Sie zwei fliegen also nie – essen Sie wenigstens Fleisch?
Bauer: Ja, hie und da.
Burren: Das tue ich. Denn die Schweiz ist ein Grasland, ich sage das ganz bewusst – solches Land kann der Mensch nicht verwerten. Also muss man es durch tierische Produkte veredeln. Könnten wir von Gras leben, würde die vegane Rechnung aufgehen. Man darf über das Mass des Fleischkonsums diskutieren …
… und über die Art der Haltung.
Burren: Ich habe zuhause eine grössere Summe das Wohl meiner Tiere investiert. Meine Kühe können fressen und liegen, wann sie wollen und können sogar mit dem Roboter melken, wann sie möchten. Sie kriegen im eigentlichen Sinn ein Wohlfühlprogramm. (lacht)
Zum Schluss erhalten Sie noch Platz für einen persönlichen Werbespot.
Burren: Wer mich wählt, weiss, was er bekommt. Man kennt mich, man kritisiert mich – und das ist gut so. Ich stehe für Stabilität, Beständigkeit und stelle mich mit offenem, weitsichtigem Blick für dieses Amt zur Verfügung. Deshalb bin ich überzeugt, der richtige Kandidat für das Gemeindepräsidium zu sein.
Bauer: Köniz ist enorm schön und vielfältig. Köniz ist mein Zuhause. Wir haben punkto Lebensqualität und wirtschaftlich einiges zu bieten. Als neue Gemeindepräsidentin würde ich mich mit Herzblut dafür einsetzen, Köniz mit frischem Wind vorwärtszubringen und seine positiven Seiten hervorzuheben.
Yves Schott
Persönlich
Tanja Bauer, geboren am 12. Juni 1983, wuchs in Krattigen auf. Sie studierte Politikwissenschaften in Genf und arbeitete gleichzeitig als Projektleiterin bei der Swisscom in Köniz. Sie arbeitete in der Gesundheitsverwaltung des Kantons Freiburg. Bauer ist SP-Grossrätin, Mitglied des Könizer Parlaments und Co-Präsidentin des VPOD Kanton Bern. Sie ist liiert, hat drei Kinder und wohnt in Wabern.
Christian Burren, geboren am 21. Oktober 1966, wuchs in Köniz auf. Er absolvierte eine landwirtschaftliche Ausbildung und arbeitete neben seinem Landwirtschaftsbetrieb über 20 Jahre in der Lebensmittelbranche. Von 2002 bis 2013 war er Mitglied des Könizer Gemeindeparlaments. Seit 2018 ist Burren Könizer Gemeinderat. Er ist verheiratet, hat drei erwachsene Kinder und wohnt in Settibuch bei Gasel.
5 Kurzfragen an Tanja Bauer und Christian Burren
Wie hoch ist Ihr Wahlkampfbudget?
Bauer: 50 000 Franken
Burren: 45 000 Franken
Braucht es in Köniz eine weitere Steuererhöhung?
Bauer: Nein.
Burren: Momentan nicht, aber ich würde nicht auf alle Zeiten Nein sagen.
Stimmrechtsalter 16?
Bauer: Ja.
Burren: Ja.
Sollte es in Köniz mehr Angebote für Jugendlichen geben?
Bauer: Ja. Und die Jugendlichen sollten mit einbezogen werden, wie diese aussehen und sie mitgestalten können.
Burren: Räume: ja. Wir müssen uns aber bewusst sein, dass viele Jugendliche aufgrund der Lage von Köniz sowieso eher stadtorientiert sind.
Ist Köniz begrünt genug?
Bauer: Köniz ist wunderschön! Doch in dicht besiedeltem Gebiet braucht es mehr Bäume und weniger versiegelte Fläche.
Burren: Die Freiräume innerhalb des Siedlungsgebiets müssen grüner werden. Den Bläuacker würde man heute sicher nicht mehr so bauen.