Eine Frage, die man so oder ähnlich derzeit in ganz Bern West hört. Die Gründe sind eigentlich einfach, aber nicht für alle nachvollziehbar. Deshalb regt sich in Bümpliz Widerstand.
Die Nachricht hat eingeschlagen wie ein Blitz: Der Friedhof Bümpliz kommt weg. Ja, richtig gelesen. Einer der schönsten Friedhöfe der Stadt Bern, der nicht nur letzte Ruhestätte für viele Ur-Bernerinnen und -Berner ist, sondern auch ein kleines Naherholungsgebiet und eine Begegnungsstätte, wird innerhalb der kommenden Jahrzehnte in kleinen Schritten abgebaut.
Was übrigbleibt, wird ein Park. Bestattungen in neue Gräber können nur noch bis Ende 2022 ausgeführt werden. Danach wird noch in bestehende Gräber beigesetzt. Nach Ablauf der Konzessionsdauer – bei Einzelgräbern 20 und bei Familiengräbern 40 Jahre – bleibt vom Friedhof bloss grüne Wiese.
Ab 2023 keine Gräber mehr
Beschlossen hat das der Gemeinderat im Zuge seiner aktuellen Sparmassnahmen. Den Auftrag zur Ausführung hat Stadtgrün Bern bekommen. Sie sollten schauen, wo man Kosten einsparen kann. Nach langem Überlegen sind die Verantwortlichen um Leiter Christian Schärer auf den Friedhof Bümpliz gekommen – allerdings eher widerwillig. So habe man lange gewerweisst, wie der Sparauftrag des Gemeinderates umgesetzt werden könnte. Nach diversen Gedankenspielen blieb einzig der Friedhof Bümpliz.
«Auf dem Friedhof Bümpliz müssten wir in den kommenden Jahren viel in die Infrastruktur investieren. Zum Beispiel ist der Aufbahrungsraum sehr in die Jahre gekommen, auch Einrichtungen für die Mitarbeitenden oder die Heizung müssten erneuert werden. Der Verzicht auf die Sanierung oder gar einen Neubau sind Teil der Sparmassnahmen», sagte Schärer der BümplizWoche im Interview. Man hat also ein Sparopfer gefunden. Stempel drauf und weg.
Das Unverständnis in der Bümplizer Bevölkerung für diese Massnahmen ist gross. Besucherinnen und Besucher des Friedhofs sprechen von einer «Katastrophe» und der «grössten Schnapsidee, die der Gemeinderat je hatte». Dabei kommt gerade immer wieder eine Frage auf, die die meisten älteren Bümplizerinnen und Bümplizer umtreibt: Wenn das Grab meines lieben Anverwandten verlegt werden muss – beispielsweise auf den Bremgarten- oder Schosshaldenfriedhof –, wie kann ich sie oder ihn dann noch besuchen? Denn: Viele ältere Menschen sind auf Gehhilfen oder Unterstützung bei längeren Reisen selbst innerhalb der Stadt angewiesen. Wie es genau weitergehen soll, steht noch in den Sternen.
Mehr Fingerspitzengefühl
Die in Bümpliz aktiven politischen Parteien hingegen wissen jeweils genau, was zu tun ist. Auf Nachfrage des BärnerBär haben sich die SVP, die SP Bümpliz/Bethlehem, die FDP und die Grünen zu der Sache geäussert. Besonders die Stadtberner SVP unter der Ägide von Thomas Fuchs – ein waschechter Bümplizer – hat sich für den Erhalt des Friedhofs stark gemacht. Mit einer Petition will der Banker den «Kraftort», wie ihn viele Bümplizer und Bümplizerinnen nennen, retten.
«Seit Jahren lebt die rot-grüne Stadt über ihren Verhältnissen und will nun bei einem Friedhof sparen», sagt er. «Für viele Leute ist es ein grosser Trost, ihre verstorbenen Geschwister oder Ehepartner nahe zu wissen. Der Friedhof ist ein Ort des schweren Abschiednehmens, der tiefen Trauer. Diesen Ort der Besinnung und der Erinnerung aus finanziellen Überlegungen aufzuheben, ist kultur- und pietätlos. Die SVP wünscht sich vom Berner Gemeinderat mehr Fingerspitzengefühl und Rücksichtnahme auf Anliegen aus dem Westen von Bern», gibt sich Fuchs kämpferisch. Auf Nachfrage heisst es dann, dass die SVP bereits über 2000 Unterschriften für ihre Petition zur Erhaltung des Friedhofs gesammelt habe.
Die SP Bümpliz/Bethlehem sieht ein, dass die Stadt Bern ihre Finanzen überprüfen muss. Doch sie ist der Meinung, dass es für die Bevölkerung tragbare und nicht tragbare Sparmassnahmen gibt – die Auflösung eines für den Westen Berns derart zentralen Ortes stelle Zweiteres dar. Co-Präsident Chandru Somasundaram stellt klar: «Es gäbe alternative Sparmöglichkeiten. Zum Beispiel könnte die Stadt untersuchen, ob nicht der Kanton für den Unterhalt von einzelnen Strassen sorgen könnte. Das sind zwar auch Einschnitte, aber tragbarer als das Wegfallen eines Friedhofs.»
Verständnis für die Aufhebung des Friedhofes, aber auch für die Sparmassnahmen der Stadt, hat die GFL: «Für die Bevölkerung von Bern West spielt der Friedhof Bümpliz eine wichtige Rolle. Er ist gut erreichbar und mit der Friedhofskapelle und der Nähe zu den Quartierkirchen bietet er vielfältige Möglichkeiten, den Abschied von Angehörigen würdevoll zu gestalten», äussert sich GFL-Stadträtin Mirjam Roder. «Es ist deshalb zu hoffen, dass es auch in Zukunft möglich sein wird, Verstorbene auf dem Friedhof Bümpliz in bestehenden und neuen Gräbern beizusetzen. Dass der Gemeinderat beabsichtigt, bei der Betreuung des Friedhofs Bümpliz vier Stellen einzusparen, ist sehr bedauerlich, aufgrund nötiger Sparmassnahmen aber nachvollziehbar.»
Knallhart gegen die Auflösung des Friedhofs ist die FDP Bern. «Der Friedhof ist einer der wichtigsten Herzens- und Erinnerungsorte von Bümpliz und als solches unantastbar. Er soll keinesfalls aufgehoben werden», erklärt Stadträtin Florence Schmid. «Dieser Sparvorschlag steht sinnbildlich für die mangelhafte rot-grüne Finanzpolitik. Sie hat die Verwaltung stark aufgebläht. Diese Verwaltungskosten müssten durch eine Strukturbereinigung gekürzt werden. Stattdessen soll bei Infrastruktur gespart werden, die Bern ausmacht und von der Bevölkerung liebgewonnen wurde – auffallend oft zulasten von Bern West, was sich jetzt wieder am ‹Sparopfer› Friedhof Bümpliz zeigt.»
Fest steht, dass es in dieser Sache noch viel aufzuarbeiten gibt. Die Bümplizerinnen und Bümplizer selbst wollen Antworten, am besten schon gestern. Aber am liebsten möchten sie einfach ihren Friedhof behalten.
Dennis Rhiel