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«Wer aus Bern kommt, hat einen Vorteil»

Nur Geldgeben reicht nicht, weiss der Investor und erzählt, warum Bern in Sachen Start-Ups noch Nachholbedarf hat, die Jungen dies aber schaffen werden.

Jürg Schwarzenbach, als Investor lieben Sie Start-Ups. Warum?
Ja, ich liebe Start-Ups, weil ich Menschen und ihre Ideen schätze. Ich war früher selbst Unternehmer und weiss, welchen Herausforderungen man gegenübersteht. Die Unterstützung eines Investors kann dabei enorm hilfreich sein. Das Unternehmertum ist dabei ein wichtiger Punkt, aber im Zentrum stehen immer die Menschen. Man muss einen Sinn hinter der Tätigkeit sehen – und dieser ist übrigens nicht nur Profitdenken.

Wie steht es aus Ihrer Sicht um die Berner Start-Up-Szene?
Bern ist nicht die prädestinierte Unternehmerstadt. Dennoch gibt es hier viele junge engagierte Menschen, die etwas mit viel Herzblut bewegen wollen. Wenigstens gibt es heute eine Start-Up-Szene in Bern. Das war früher anders. Dafür ist sie jetzt umso präsenter. Das liegt auch an den zahlreichen Organisationen, die sich der Förderung von Start-Ups verschrieben haben. Zum Beispiel Aare Ventures, Be-advanced, das ZID in Deisswil sowie dem Impact Hub.

Unterscheidet sich Berns Start-Up-Szene von anderen in der Schweiz?
Ja, vor allem gegenüber den Städten Lausanne und Zürich. Die dortigen Technischen Hochschulen und Universitäten betreiben angewandte Forschung, die sich in geschäftliche Ideen und somit auch in Start-Ups umsetzen lässt. Diese Art praxisbezogener Forschung gibt es hier in Bern noch nicht so ausgeprägt.

Also haben Start-Ups immer etwas mit Hochschulen zu tun?
Nein, aber oft kommen gerade innovative Ideen aus einem Hochschulumfeld. Zwingend ist das nicht. Charakteristisch für Start-Ups ist, dass sie etwas Neues bieten. Ein neues Produkt, einen neuen Service und so weiter. Heutzutage kommt so etwas viel aus dem digitalen Umfeld – und das findet sich meist an Hochschulen.

Was braucht es, damit Bern ein richtiges Start-Up-Mekka wird?
Wir müssen ehrlich sein: Bern wird Zürich und Lausanne in diesem Punkt nie einholen. Aber wenn sich die Hochschulen entsprechend weiterentwickeln, wird die Situation zumindest besser als früher. Die Unternehmer:innen müssen zusammenarbeiten, dann kann schnell viel passieren. Da ist noch Luft nach oben. Bern ist eher eine Verwaltungsstadt, die öffentliche Hand nimmt viel Raum ein.

Warum investieren sie dann eigentlich in Berner Start-Ups?
Weil ich hier lebe! Ich bin Berner und möchte junge Unternehmer:innen aus der Region fördern. Investments tätige ich übrigens auch in Firmen, die nicht in Bern ansässig sind. Aber wenn jemand aus Bern kommt, hat er bei mir einen kleinen Vorteil (lacht).

Wie ist sie denn so, Berns neue Unternehmer:innen-Generation?
Motiviert, fleissig, zielstrebig und mit Herzblut dabei. Ambitioniert, mit Träumen, die ab und zu zerplatzen. Aber das ist gut. So lernt man. Dann muss man weitermachen. Als Investor ist es mein Ziel, diese junge Generation nicht nur mit Geld zu unterstützen, sondern auch mit Wissen und Erfahrung. Mit Geld allein ist es nicht gemacht.

Wie beeinflussen Start-Ups die Wirtschaftsentwicklung im Wirtschaftsraum Bern?
Start-Ups sind das Zückerli der Wirtschaft. Hier entstehen zielgerichtet Innovationen. Aber sie sind nicht der wirtschaftliche Heilsbringer oder gar Motor einer Region. Start-Ups brauchen viel Pflege, Einsatz und Arbeit – und sind erst nach einigen Jahren rentabel.

Was sind Ihre Tipps und Tricks für ein gelungenes Start-Up?
Man muss eine gute Idee haben, eine innovative Lösung bieten. Der Inhalt muss sich abheben und einzigartig sein. Gründer:innen müssen in der Lage sein, dies entsprechend rüberzubringen – am besten in einem prägnanten Satz. Weiter muss das Team zusammenpassen. Dann erzielt man die besten Synergien. Weiter ist wichtig, einen Businessplan, ein gutes Marketing und insgesamt einen guten Plan zu haben. Nicht unwesentlich ist auch, sich an den aktuellen Trends zu orientieren. Die liegen derzeit voll im Digitalen.

Und was sollte man auf keinen Fall machen?
Man sollte sich nicht selbst überschätzen und risikofähig sein. Es dauert etwa ein Jahr, bis die ersten Einnahmen fliessen. Dazu gehören Durchhaltewillen und die Fähigkeit, mit Niederlagen umgehen zu können. Nicht jede oder jeder ist für ein Start-Up gemacht. Da muss man ehrlich zu sich selbst sein.

Genau die Punkte, für jene die Generation Z – also heutige Start-Upler – oft kritisiert wird …
Nein, das ist ein falsches Bild. Ich erlebe die jungen Leute als äusserst motiviert und einsatzwillig. Sie sind super und sehen Dinge aus neuen Blickwinkeln, die den älteren oft einfach nicht zugänglich sind.

Sie waren als Gast bei entreBERNeur, ein von der Junior Chamber International (JCI) Bern organisierter Event. Was reizt Sie daran?
Für mich ist es spannend und inspirierend, mit jungen Menschen über ihre Ideen und Pläne zu reden. Und sie konnten vielleicht etwas von meinem Wissen und meiner Erfahrung profitieren. Ich bin kein «Profit only»-Investor. Mir sind Herz und Mensch wichtig. Investor sein ist ein Privileg.

Ist so ein Format wie «Die Höhle der Löwen Schweiz» wirklich so förderlich für Start-Ups oder ist das Ganze am Ende nur Show?
Eine Mischung von beidem. Natürlich ist das eine Unterhaltungsshow. Dennoch stehen dort echte Unternehmer:innen mit echten Ideen und Produkten und wollen die Investoren davon überzeugen. Ich empfehle jedem, der ein Start-Up plant und an einem Investment interessiert ist, sich einmal die Sendung anzuschauen. Dann bekommt man in etwa ein Gefühl dafür, was für potenzielle Investoren wichtig ist und welche Fragen gestellt werden könnten.

Was muss ein Start-Up mitbringen, um Sie zu überzeugen und zum Investieren zu bewegen?
Die Idee und das Team müssen gut sein. Sie müssen mir glaubhaft machen können, dass man mit dem Produkt Geld verdienen kann und dass es ein Wachstumspotenzial gibt. Wer glaubt, das zu haben, sollte sich dann auf einer Plattform wie Aare Ventures um Investor:innen bemühen.

Dennis Rhiel

Jürg Schwarzenbach (65) ist verheiratet und Vater von zwei Kindern. Der gelernte Elektromonteur und studierte Elektroingenieur
gründete 2007 als Beteiligungsgesellschaft die Marcaro AG und investiert seitdem in Unternehmen und Start-Ups. In seiner Freizeit fährt Schwarzenbach gerne Ski und Velo und spielt Fussball.

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