Wie häufig sagen Sie eigentlich Männern, wo es langgeht?

Sie bestimmen die Geschicke der Bernexpo-Gruppe, also auch der soeben zu Ende gegangenen BEA: CEO Jennifer Somm und Franziska von Weissenfluh, VR-Präsidentin der Bernexpo Holding AG. Wieso sie nichts von Quoten halten und was Frauen besser können als Männer.

Gratulation: Sie beide sind der personifizierte Traum aller Quoten-Befürworter!
Franziska von Weissenfluh: Das habe ich mir so noch nie überlegt. Jennifer Somm ist als Persönlichkeit für mich einfach die ideale Besetzung. Sie hat die bestimmte Sensibilität sowie Kreativität, die es braucht, um dem Unternehmen Schub zu verleihen. Zudem ist sie sehr professionell, und das hat rein gar nichts damit zu tun, ob sie jetzt ein Mann oder eine Frau ist.

Was für eine Lobeshymne!
Jennifer Somm: Ich kann die Blumen nur zurückgeben (lacht).

Natürlich.
Somm: Im Ernst: Die Zusammenarbeit mit Franziska ist sehr wertvoll, ich kann von ihr als Vorgesetzte viel lernen. Gleichzeitig schätze ich ihr Vertrauen. Das Frauenthema hat bei mir noch nie eine Rolle gespielt, es hat mich in meinem Werdegang weder gefördert noch behindert. Natürlich fiel es mir auf, wenn manche in Emails geschrieben haben: «Liebe Kollegen, liebe Jenny.»

Braucht es Quoten überhaupt?
Somm: Ich bin überhaupt keine Befürworterin von Quoten, nein. Die am besten geeignete Person muss eine bestimmte Funktion ausführen können, jene, die menschlich und fachlich am besten passt. Nach diesem Prinzip stellen wir auch bei uns Leute ein.
Von Weissenfluh: Ich bin auch nicht für Frauenquoten. Natürlich ist es wichtig, dass Frauen weiterkommen, doch ich nenne in diesem Zusammenhang immer ein Beispiel: Das Gras wächst nicht schneller, wenn man dran zieht. Meine Mutter war ebenfalls Geschäftsfrau, damals gab es noch viel weniger Frauen in Führungspositionen. Es braucht Zeit, damit in der Gesellschaft ein Verständnis entsteht.

Somm: Um beim Bild des wachsenden Grases zu bleiben: Teilweise ist der Boden noch gar nicht vorhanden, obwohl sich schon viel getan hat. Wenn eine berufstätige Mutter, unabhängig von ihrer Qualifikation, eine Entscheidung treffen muss und sie nicht den Luxus hat, beide Aufgaben wahrnehmen zu können, wählt sie tendenziell Familie und Kind. Deswegen braucht es nach wie vor bessere Rahmenbedingungen. Ein System für berufstätige Mütter ist in der Schweiz so noch nicht vorhanden, auch von Arbeitgeberseite her.

Sie haben eine 17-jährige Tochter und wohnen in der Region Zürich. Da ist die Vereinbarkeit von Beruf und Familie auch nicht ganz einfach.
Somm: Ich hatte stets das Glück, dass ich für die jeweilige Lebensphase das richtige berufliche Umfeld um mich hatte. Als meine Tochter klein war, unterrichtete ich an einem Gymnasium. Als Lehrerin konnte ich mich ganz auf meine Rolle als Mutter fokussieren. Als sie erwachsen wurde, kehrte ich zurück in die Privatwirtschaft und arbeitete zunächst Teilzeit. Dann ging sie letztes Jahr für eine Weile nach Argentinien, was für mich erneut die Möglichkeit bedeutete, einen Schritt nach vorne zu machen. Wir sind nach 17 Jahren sicherlich ein eingespieltes Team, sie weiss, wann es angesagt ist, selbstständig zu sein und wann nicht. Kurzum: Würde ich vor die Wahl gestellt werden, würde ich mich wieder für das Kind entscheiden.
Von Weissenfluh: Ich habe immer hundert Prozent gearbeitet und wir haben zusammen vier Kinder. Meine leibliche Tochter ist die Jüngste und wird bald 18. Ich möchte festhalten: Die Herausforderung ist wirklich riesig. Das alles geht nur mit Disziplin, Organisation und Flexibilität.

Somm: Ausserdem sind Kinder der beste Ausgleich zum manchmal stressigen Arbeitsalltag. Kinder haben ganz andere Sorgen und diese lassen sich nicht in eine Agenda ein tragen und terminieren. Die muss man genau dann so wahrnehmen.

Wie häufig müssen Sie, Jennifer Somm, eigentlich Männer sagen, wo es langgeht?
Somm: Jeden Tag (lacht).

Ernsthaft: Sie haben nie weniger Respekt vonseiten der Männer verspürt?
Somm: Absolut nicht, ich habe in meiner Karriere nie gemerkt, ob ich Mann oder Frau bin. Unterschiede gibt es jedoch bei der Sprache: Als Frau formuliert man wohl diplomatischer und höflicher. Ich habe gelernt, dass ich manchmal Klartext reden muss. Das wird aber nicht zwingend schlecht aufgefasst.

Was können Frauen besser als Männer?
Von Weissenfluh: Ich glaube, eine Frau spürt bei einem voll besetzten Raum besser, wie die einzelnen Interaktionen ablaufen und wie sie positiv beeinflusst werden können. Es geht nicht darum, sich stur durchzusetzen, sondern darum, dass man die Leute wahrnimmt und versucht, deren Kritik auf eine gute Art zu orchestrieren.
Somm: Bei Frauen läuft weniger auf der Machtebene ab, es wird eher teamorientiert versucht, Lösungen zu finden. Schlussendlich geht es ja einzig um Leistung.

Sind Sie beide eigentlich auch privat befreundet?
Somm: Wir arbeiten eng zusammen, aber da ist auch eine menschliche Ebene, die stimmt. Das ist sehr selten, oft arbeitet man ja einfach mit jemandem zusammen.
Von Weissenfluh: Ich fühle mich mit Jennifer sehr verbunden. Wir waren aber noch nie zusammen in der Sauna (lacht).

Yves Schott

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