Resultate schon nach rund einer halben Stunde. Die Berner Firma ender diagnostics will die Corona-Testverfahren massiv beschleunigen. Schon jetzt kooperiert Geschäftsführer Tim Pfister mit der Swiss.
Erzählen Sie uns, was es mit ender diagnostics auf sich hat.
Unsere Firma wurde im April 2020 gegründet und ging aus einem anderen Start-up hervor. Die LiVET AG mit Wurzeln, die bis zum Institut für Infektionskrankheiten der Uni Bern zurückreichen, beschäftigte und beschäftigt sich nach wie vor mit respiratorischen Krankheiten bei Pferden. Für solche Atemwegserkrankungen entwickelten wir Tests. Dann folgte die Corona-Krise. Wir mussten uns überlegen, ob wir in Kurzarbeit gehen und den Betrieb einstellen, oder uns den Herausforderungen der Krise stellen und kreative Lösungen finden, haben uns dann jedoch zum Glück dazu entschieden, diesen Weg zu beschreiten.
Welche Art von Forscherinnen und Forscher beschäftigen Sie in Ihren Räumlichkeiten an der Freiburgstrasse?
Wir sind ein Team von rund 30 Personen, bestehend aus Ärzten, Biologen und Laboranten. Hinzu kommen Produktion und Vertrieb sowie das Backoffice.
Wofür steht die Bezeichnung Ender?
Das ist Berndeutsch. Im Sinne von: Dr Ender isch dr Gschwinder. (lacht)
Ihre Corona-Schnelltests sollen Resultate in einer halben Stunde liefern.
Richtig. Die Probenaufbereitung dauert fünf Minuten, der Prozess, in welchem das Resultat generiert wird, 30 Minuten. Insgesamt haben wir nach 45 Minuten die Auswertung und wissen, ob die Person positiv oder negativ ist.
Sie stellen die Tests selbst her?
Ja. Entwicklung, Produktion und Vertrieb – alles made in Berne.
Wie zuverlässig sind Ihre Schnelltests?
Sie sind vergleichbar mit den standardisierten PCR-Tests. Durch die Geschwindigkeit bis zum Resultat hin gibt es geringe Sensitivitätseinbussen, doch alle infektiösen Patienten werden korrekt identifiziert.
Seit Montag sind in der Schweiz Tests verfügbar, die Resultate bereits nach 15 Minuten liefern. Bedeuten sie eine Konkurrenz für sie?
Nein, sie stellen eine sehr willkommene Ergänzung dar, denn dank ihnen lassen sich Tests zum Beispiel bei Grossveranstaltungen wie Konzerten durchführen. Dort also, wo es schnell gehen muss. An Orten, wo Menschen länger und auf engem Raum zusammen sind, zum Beispiel in einem Flugzeug, sind Schnelltests aufgrund der geringeren Sensitivität wahrscheinlich nicht die richtige Lösung.
Laut Medienberichten kooperieren Sie mit der Swiss. Wo sollen Ihre Tests sonst noch zum Einsatz kommen?
In der Schweiz führen wir mit verschiedenen Grosskonzernen Gespräche. Das weit grössere Potenzial sehen wir hingegen im Ausland: Staaten im Nahen Osten, Afrika oder in Asien, die von Firmen wie Roche nicht berücksichtigt werden. Solche Länder haben zu Beginn der Pandemie eine Vielzahl an chinesischer Ware eingekauft, die allerdings schlecht funktioniert. Dort würden unsere Tests im regulären Gesundheitssektor eingesetzt.
Sie sprechen auf Ihrer Website von verschiedenen ender-Produkten.
Das ender Lab ist eine Art PCR-Ersatz, das ender Mass ist für Massentests konzipiert, namentlich im Tourismus, und läuft deutlich schneller. Ender Mobile wiederum funktioniert mittels eines portablen Geräts. Es wird beispielsweise in einer Apotheke stehen, hat die Grösse einer Schuhschachtel und kann bis zu acht Personen gleichzeitig testen.
Welche Test-Kapazitäten können Sie derzeit anbieten?
Wir sind momentan in der Lage, eine Million Tests pro Monat zur Verfügung zu stellen und arbeiten daran, diese Kapazität auf vier Millionen auszubauen.
Wie nehmen Sie persönlich die Covid-19-Situation wahr?
Die Lage ist sehr aussergewöhnlich, das muss man ja kaum mehr betonen. Wir sollten uns ganz generell bewusst sein, dass das Virus nicht bald und einfach so verschwinden wird. Selbst eine Impfung wird Zeit brauchen: Wie viele Dosen können hergestellt werden? Müssen Firmen wegen der Corona-Impfung dafür ihre Produktion in anderen Bereichen runterfahren? Plastik für Spritzen oder Pipetten ist in der medizinischen Welt derzeit Mangelware. Völlig unklar ist auch, wie regelmässig die Impfung dann allenfalls aufgefrischt werden muss. Einschränkungen im öffentlichen Leben wird es noch längere Zeit geben – hoffentlich sind sie so wenig einschränkend wie möglich.
Was stimmt Sie optimistisch?
Über das Virus weiss man praktisch jeden Tag mehr. Wir passen uns an, machen Fortschritte. Neue Technologien erlauben uns, die Pandemie mit innovativen Konzepten zu bekämpfen.
Die Krise zermürbt Sie nicht?
Wir müssen mit den Realitäten umgehen. Eine von vielen Lösungen stammt aus Bern, rund zwei Kilometer vom Bundeshaus entfernt. Wir leisten gerne unseren Beitrag, um die Pandemie in den Griff zu kriegen.
Yves Schott