Nause

«Wir brauchen das CO2-Gesetz unbedingt»

Reto Nause kennt sich in seinem Metier aus. Er legt dar, wie Bern in den kommenden Jahren klimaneutral werden soll.

Ein ganzes Jahr war Corona allgegenwärtig und hat wichtige Themen wie die Klimadebatte fast ganz aus den Medien verdrängt. Ende Mai hat die Bewegung «Strike for Future», besser bekannt als «Klimajugend», wieder zu verschiedenen Aktionen aufgerufen. In zwei Wochen stimmen wir über das CO2-Gesetz ab. Die Klimadebatte nimmt wieder Fahrt auf. Die Stadt Bern ist seit Jahren vorne mit dabei oder sogar Vorreiterin, wenn es um Klima- und Umweltschutzthemen geht.

Herr Nause, Sie engagieren sich seit über 15 Jahren in der Stadtberner Politik. Zuerst im Stadtrat. Seit 2009 sind Sie neben der Sicherheit in der Stadt Bern für die Umwelt- und Energieanliegen zuständig. Was hat sich in dieser Zeit geändert?
Reto Nause: Sehr vieles. 2005 war die Stadt Bern zum Beispiel zwar schon Energiestadt. Allerdings irgendwo im Schweizer Mittelfeld. Heute sind wir Energiestadt Schweizermeisterin. So viele Punkte hat keine andere Gemeinde beziehungsweise Stadt bisher erreicht. Auch beim Wärmebedarf ging einiges. So ist zwar die Bevölkerung gewachsen und es entstanden mehr Arbeitsplätze in Bern und dennoch konnten wir den CO2-Ausstoss im Bereich Wärme seit 2008 absolut um 26 Prozent reduzieren. Ausserdem sind in den letzten Jahren verschiedene Beratungsangebote und Veranstaltungen für Private, Unternehmen aber auch Fachleute und Gewerbebetreibende wie Architektinnen, Planer oder Installateurunternehmen entstanden, die auch rege genutzt werden.

Warum ist denn gerade in Bern das Engagement fürs Klima so zentral?
Das ist sicher nicht nur in Bern so. Das Bewusstsein in der Gesellschaft hat sich geändert. Der Druck auf die Politik und Wirtschaft steigt. Das ist gut so. Hier in Bern haben wir erstens das Glück, dass wir seit langem auf eine hervorragende Zusammenarbeit zwischen Verwaltung, Wirtschaft, Wissenschaft und der Privatgesellschaft zählen und bauen können. Zweitens hat es auch mit Verantwortung und der Vorbildfunktion als Stadt Bern aber auch als Hauptstadt unseres Landes zu tun. So haben wir eine Energie- und Klimastrategie, die eben nicht nur schöne Ziele formuliert, sondern konkrete Massnahmen enthält, die auch umsetzbar sind.

Was heisst das konkret?
In der Energie- und Klimastrategie sind 52 Massnahmen definiert, um die Zwischenziele bis 2025 zu erreichen. Das heisst zum Beispiel, dass auf dem Stadtgebiet 40 Prozent der Wärmeenergie oder sogar 65 Prozent des Stroms aus erneuerbaren Quellen gedeckt wird. Bei der Wärme soll dies vor allem dank des Ausbaus des Fernwärmenetzes gelingen. Was viele Leute zum Beispiel nicht wissen: Gerade in der Innenstadt – vom Inselspital bis zum Zytglogge –wird zu grossen Teilen mit Wärme aus der Energiezentrale im Forsthaus geheizt. Wärme, die hier in der Stadt Bern entsteht. Es braucht kein ausländisches Heizöl. Diese und andere Massnahmen werden aber auch nach 2025 weitergeführt. Nur so erreichen wir unser Ziel für 2035.

Das kostet aber eine Stange Geld.
Das stimmt. Alleine im Bereich der Fernwärme sind es Investitionen in dreistelliger Millionenhöhe.

Geld, das die Stadt Bern nicht hat?
Zugegeben, bei der Finanzlage, in welcher sich die Stadt Bern gerade befindet, ist es sicher nicht einfach. Gerade aber wegen dieses Spardrucks gilt es, die nachhaltige Entwicklung der Stadt Bern zu stärken und die Wertschöpfung möglichst lokal zu generieren.

Sie sagen, die Zusammenarbeit aller Player in Bern sei vorzüglich. Warum gehts denn nicht schneller voran?
Die gesetzlichen Rahmenbedingungen sind noch nicht komplett. Mit dem Klimareglement erarbeitet der Gemeinderat eine Grundlage mit klaren Zielen für die Stadt Bern. Im Moment ist im Kanton Bern aber der Eins-zu-eins-Ersatz von Ölheizungen zum Beispiel leider noch möglich. Damit die Bevölkerung, aber auch die Unternehmer*innen, Planungs- und Investitionssicherheit erhalten und damit wir unsere Ziele erreichen, muss die übergeordnete Gesetzgebung angepasst werden.

Sie sprechen das CO2-Gesetz an. Braucht es das wirklich?
Unbedingt! Denn, wie gesagt, es braucht verlässliche Rahmenbedingungen, also die Sicherheit, dass nicht in fünf Jahren schon wieder alles ändert. Es geht darum, dass Privatpersonen und Unternehmen sich auf eine verlässliche Basis stützen können und wissen, dass sich ihre Investitionen auch lohnen. So können auch grosse Ziele in Angriff genommen werden. Und nur so können die gesetzten Ziele erreicht werden. Und genau das strebt auch der Gemeinderat an. Wir wollen bis 2035 den CO2-Ausstoss in Bern auf eine Tonne pro Kopf pro Jahr gesenkt haben. Bis 2045 soll Bern klimaneutral sein.

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