Manuela Angst, Kevin Kunz und Tom Winter haben Grosses vor: Bald soll Bern erste Adresse für Kongresse im Land sein. Überzeugen wollen die drei mit typisch bernischer Bescheidenheit.
Was ist das konkrete Ziel des Congress Hub Bern?
Kevin Kunz: Alle drei von uns hier am Tisch werden regelmässig für Messen und Kongresse angefragt. Nun ist es an der Zeit, diese Ressourcen sowie das Know-how zu bündeln: Bern Welcome als Tourismusorganisation auf der einen Seite, die Bernexpo sowie wir vom Kursaal, die über die Veranstaltungsflächen verfügen, auf der anderen. Die Attraktivität von Bern als Eventhub zu steigern, das liegt jedem Akteur am Herzen – wir fangen jetzt mal damit an.
Tom Winter: Wir wollen uns auch im Hinblick auf die Eröffnung der Festhalle stetig verbessern: Im Sinne von einfacher, gäbiger, gastfreundlicher. Antworten an Messeveranstaltende von unserer Seite her sollen unisono ausfallen. Und wir möchten schlicht mehr machen, sprich: existierende Formate nach Bern holen und gleichzeitig neue Themen aufbauen.
Manuela Angst: Mir sind zwei Schlagwörter wichtig: einerseits die Vernetzung, also die Zusammenarbeit unter sämtlichen wesentlichen Playern am Standort verbessern. Der zweite Punkt ist die Wertschöpfung. In Bern entstehen laufend verbesserte Infrastrukturen – sichtbar zum Beispiel bei den Hotelzimmern. Wir wollen die Wertschöpfung nun so verteilen, dass die einzelnen Player wie Hotels, Restaurants, Gewerbe oder Museen davon profitieren.
Tom Winter, was meinen Sie mit «neuen Themen»?
Winter: Sei es im Bereich der Medizinaltechnik, der Finanzen oder bei der Ernährung: Wir haben uns vorgenommen, mehr solcher Events nach Bern zu holen. Dafür müssen wir unter anderem die Vorteile unserer Stadt stärker betonen: Eine Krankenkasse kann ihren Kongress einmal in Bern abhalten, zentral gelegen – statt einmal in der Westschweiz und einmal in Zürich.
Angst: Am Standort Bern existiert eine riesige Menge an Expertenwissen, denken Sie an sitem insel, die Universität. Bei ihnen möchten wir schlummernde Ideen wecken. Ein Anlass könnte ja etwa zunächst im Zentrum Paul Klee stattfinden, später, wenn er wächst, im Kursaal und irgendwann dann auf dem Bern-
expo-Gelände.
Wieso haben Sie das Projekt eigentlich gerade jetzt lanciert?
Winter: In den letzten zwei Jahren hat sich vieles verändert: Gesellschaft, Wirtschaft und Politik beschäftigen andere Dinge als zuvor. Wahrscheinlich erleben wir aktuell gerade die spannendste Phase, um neue Geschichten aufs Tapet zu bringen.
Der Congress Hub Bern ist auf B2B ausgerichtet, also auf Business-Kunden. Wie kann die heimische Bevölkerung von der ganzen Sache profitieren?
Angst: Mit neuen Formaten läuft in der Stadt automatisch mehr. Früher musste man nach Zürich, um die Band Muse zu erleben. In diesem Sommer treten sie auf dem Bernexpo-Areal auf. Damit ist der Mehrwert für die Bernerinnen und Berner gegeben.
Direkt am Guisanplatz stehen gleich mehrere Hotels der Accor-Gruppe wie etwa das Novotel. Da wäre es doch naheliegend, diese in Ihr Projekt miteinzubeziehen?
Winter: Es benötigt sämtliche Hotels, denn die preisliche Positionierung der verschiedenen Player ist sehr unterschiedlich. Ein Ärztekongress bucht anders als eine Konzertveranstalterin.
Kunz: Absolut. Deutlich wird das, wenn Bern Welcome bei grossen Events Hotelkontingente verteilt. Das ist vom Fünfsterne-Haus bis zur, überspitzt formuliert, Jugendherberge alles dabei – bei Ärztekongressen reisen häufig auch Studierende mit. Banken oder Versicherungen wiederum dürfen aus internen Compliance-Gründen oft gar nicht mehr in den teuersten Unterkünften logieren.
Verkauft sich Bern aus Ihrer Sicht nach wie vor zu schlecht? Die Stadt agiert im Auftreten weiterhin ziemlich bescheiden.
Winter: Wir tun gut daran, tendenziell tiefzustapeln. Bern überzeugt mit Argumenten: Entlang der 9i-Tramlinie beispielsweise besteht eine Fülle von tollen Hotels. Wichtig zu wissen, ist, dass wir in einem Umfeld tätig sind, das stark von persönlichen Beziehungen lebt. Mir ist Folgendes wichtig: Nicht wir sind die Stars, sondern die Veranstaltungen.
Angst: Wir kennen unsere Werte, und diese sind authentisch. Niemand tritt überheblich auf. Wenn wir nun herausposaunen würden, wir hätten soeben die bahnbrechendste Idee ever gehabt, wäre das unehrlich. Es geht darum, dass ich das Telefon in Zukunft wohl ein paarmal mehr in die Hände nehme als früher und, sagen wir, Kevin frage, wie er dieses oder jenes sieht.
Kunz: Sehen Sie: Im Kursaal fanden früher nie private Hochzeiten statt. Heute ist das anders. Nur wer sich austauscht, merkt, was der andere macht und was sonst noch möglich wäre. Über allem steht das Vertrauensverhältnis. Selbstverständlich kommt uns die daraus resultierende Wertschöpfung zugute, auch wir werden an Zahlen gemessen – doch dahinter steckt ein höheres Ziel.
Angst: Wir müssen ausserhalb unserer bestehenden physischen Mauern denken, ohne uns als Siebesieche aufzuspielen (lacht).
Das heisst?
Angst: Keiner soll weggeschickt werden, weil der Kursaal für eine Tagung zu klein oder Bernexpo zu gross ist. Dann ist es an Bern Welcome, weiterzuvermitteln. Möglicherweise kann eine kleinere Kongressgruppe separat im Kursaal eine Sitzung abhalten.
Sie wollen, so sagen Sie selbst, bis 2025 die führende Kongressdestination der Schweiz sein. Ein realistisches Ziel?
Kunz: Wir glauben fest an die Vorteile Berns, ja (lächelt).
Yves Schott
Congress Hub Bern
Rund zwei Drittel aller Übernachtungen in Bern haben einen geschäftlichen Hintergrund. Für Manuela Angst (CEO Bern Welcome), Kevin Kunz (CEO Kursaal Bern) und Tom Winter (CEO Bernexpo) macht es deshalb Sinn, Synergien zu nutzen und das gemeinsame Netzwerk auszuweiten. Mit der neuen Festhalle, deren Eröffnung auf Frühling geplant ist, gewinnt Bern zudem eine Lokalität hinzu, die bis zu 9000 Personen Platz bietet und modernsten Standards entspricht.