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«Der Güsche wird in einer anderen Form spürbar sein»

Damit rechnen musste man schon länger. Nun ist definitiv klar: Dieses Jahr findet kein Gurtenfestival statt. Co-Leiter Simon Haldemann erklärt, was das finanziell bedeutet, wie es nun weitergeht und wie das Line-up 2021 aussehen könnte.

War der vergangene Mittwoch, als der Bundesrat Events mit bis zu 1000 Personen bis mindestens Ende August verboten hat, ein guter Tag für Sie, weil die Unsicherheit endlich ein Ende fand – oder dennoch ein trauriger, weil jetzt klar ist, dass es kein Gurtenfestival 2020 geben wird?
Beides. Klar wissen wir nun, woran wir sind und haben für Vertragsabwicklungen Rechtssicherheit. Andererseits sind mit der Absage natürlich viele Emotionen verbunden, welche nun über uns kommen. Unser gesamtes Team arbeitet seit letztem Sommer für diese vier Festivaltage; wir müssen die Absage zuerst emotional und danach finanziell verkraften.

Ab wann wussten Sie und Ihr Team intern schon: Das wird dieses Jahr nichts mehr?
In den vergangenen Wochen änderte sich die Situation praktisch jeden Tag, wir dachten ständig in neuen Szenarien. Anfangs hatten wir noch Hoffnung, als die Massnahmen zur Eindämmung von Covid-19 jedoch immer drastischer wurden, mussten wir damit rechnen, dass der diesjährige Güsche ins Wasser fällt. Wir hatten bereits seit Anfang März alle nicht dringenden Arbeiten auf Eis gelegt, um unnötige Leerläufe und Kosten zu verhindern. Zumindest im Unterbewusstsein seit dann, bis zur Tatsache war es schliesslich ein energieraubender Prozess.

Wie weh tut Ihnen das Ganze persönlich?
Eine schwierige Frage. (überlegt) Ich bin seit 25 Jahren Teil des Gurtenfestivals. Wir arbeiten das ganze Jahr auf diese vier Tage hin, das ist unsere Motivation, da stecken wir unser gesamtes Herzblut rein. Für alle Mitarbeiter*innen, Künstler*innen sowie unsere Gurtenfestival-Community ist das nun ein harter Schlag.

Welche Reaktionen haben Sie bis jetzt erhalten?
Wir spüren viel Mitgefühl und Liebe, gleichzeitig flossen etliche Tränen. Wir erleben, dass das Gurtenfestival für mehrere Generationen und Gesellschaftsschichten ein bedeutender Anlass im Espace Bern Mittelland wie auch schweizweit ist. Wir freuen uns über den enormen Zuspruch, der uns entgegengebracht wird – sei dies in den sozialen Medien oder im persönlichen Kontakt.

Wie hart trifft Sie die Absage finanziell?
Anders als andere Schweizer OpenAirs sind wir ein lokales, inhabergeführtes Berner Unternehmen ohne Grosskonzern im Rücken. Wir müssen während des Jahres zahlreiche Vorleistungen wie Miete, Versicherungen, Personalkosten etc. zahlen. Am Gurtenfestival im Juli haben wir dann 92 Stunden Zeit, um Umsatz zu generieren. Kein einfaches und selbst ohne Covid-19 ein risikoreiches Unterfangen.

Konkrete Zahlen können Sie keine nennen?
Das hängt in den nächsten Wochen von einigen Unbekannten ab, etwa, wie uns Sponsoren*innen und Partner*innen diesbezüglich unterstützen, inwiefern uns der Kanton hilft und was unsere treuen Festivalbesucher*innen möglicherweise spenden. Sicher ist, dass uns dieser finanzielle Schaden wohl mindestens drei Jahre begleiten wird…

Erhalten die Festivalbesucher das Geld für ihre Tickets zurück?
Wer sich das Ticket rückerstatten lassen will, kann das spätestens ab Ende Mai via unsere Website tun. Wir zahlen 90 Prozent des ursprünglichen Preises aus, die restlichen zehn Prozent benötigen wir, um ein Minimum an erbrachten Leistungen für unser Team und unsere externen Partner zu begleichen. Andererseits existiert die Möglichkeit, sich das Ticketguthaben zu hundert Prozent fürs nächste Jahr gutschreiben zu lassen. Und: Wir werden in diesem Zusammenhang aufgrund grosser Nachfrage zudem eine Spendenoption als Solidaritätsbekundung anbieten.

Das Gurtenfestival ist für den 14. bis 17. Juli 2021 geplant. Treten dieselben Bands auf wie dieses Jahr?
Jein. Wie genau das Line-up 2021 aussehen wird, können wir jetzt noch nicht sagen. Es werden allerdings sicher nicht eins zu eins dieselben Bands wie 2020 sein. Einige vertraute Bekannte wird es wahrscheinlich geben.

Weil der Gurten 2020 ausfällt: Planen Sie für die kommende Ausgabe etwas Spezielles?
Die Festivalbesucher dürfen am Güsche 2021 sicher mit der einen oder anderen Überraschung rechnen, ja.

Was tun Sie vom 15. bis 18. Juli?
Derzeit sind verschiedene Möglichkeiten in Planung, wie wir das Gurtenfestival in diesen vier Tagen spürbar machen können. Wir werden versuchen, dass die Gurten-Emotionen unsere Community 2020 in anderer Form erreichen wird.

Yves Schott

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