Wirtschaft Kopf Ludwig Nehls

Roulette im Grand Casino – ein strategisches Erlebnis

Bis zu seinem Stellenantritt im Grand Casino Bern vor zwei Jahren beschäftigte sich der Marketingprof Ludwig Nehls mit Shoppingcenters. Als Quereinsteiger leitet er nun eines der acht A-Spielcasinos der Schweiz.

Den Schritt vom Leiter Centermanagement der Migros Aare zum Direktor des Grand Casino bezeichnet Ludwig Nehls als logisch, es gebe Parallelen: «Im Einkaufscenter gibts ein Angebot, der Kunde macht Shopping, gibt Geld aus. Ein Spielcasino macht dasselbe, man gibt Geld aus im Freizeitbereich. So ein Ding muss man betreiben, rein operativ. Meine Aufgabe ist es unter anderem, das Casino mit Leben zu füllen, mit Marketingmassnahmen Leute ins Casino zu bringen, die nicht unbedingt etwas mit Spielen am Hut haben. Ich organisiere Events, Konzerte. Das war auch im Shoppingcenter so.» Einen Unterschied gebe es jedoch: Für den Casinobetrieb existierten eine Vielzahl behördlicher Regulatorien.

Kein Prof-Spieler
Als Jugendlicher habe er viel mit Kollegen gepokert, aber heute setze er nicht serienmässig Geld ein, um zu spielen. «Dazu fehlt mir schlicht auch die Zeit. Kommt dazu, dass ich als Mitarbeiter eines Spielcasinos in der Schweiz nicht spielen darf.» Ludwig Nehls hat durchgesetzt, dass in seinem Casino nicht nur gespielt wird. Er möchte den Gästen ein umfassendes Freizeiterlebnis ermöglichen, zum Beispiel mit gepfegter Gastronomie in der Spielzone («mehr als nur Sandwiches»). Grundsätzlich unterscheidet man zwischen zwei Spielkategorien: Geldspielautomaten (die «einarmigen Banditen») und die Tischspiele, auch Live Games genannt. «Aus Studien weiss man, dass der Gast ein Casino nicht in erster Linie aufsucht, um zu gewinnen», weiss Ludwig Nehls zu berichten. Der Automatenspieler wolle sich einfach entspannen, eintauchen in seine Welt. Der Tischspieler hingegen sei ein Stratege, der versuche, besser zu sein als der andere. Auch bei ihm stehe der Gewinn nicht im Vordergrund.

Strenge Vorschriften
Die Schweiz kenne im Gegensatz zu den Nachbarländern keine langjährige Casino-Tradition, erzählt Nehls. Das manifestiere sich auch in der Bekleidung: Smoking und lange Abendrobe kenne man vor allem aus Filmen. In Bern seien aber beispielsweise offene Schuhe oder Trägerleibchen tabu. «Wir haben ein schmuckes T-Shirt mit Logo parat, das sich der nicht korrekt gekleidete Gast leihweise überziehen kann!» Wie steht es mit dem Suchtpotenzial? Dazu Ludwig Nehls: «Das Spielbankengesetz schreibt vor, dass wir potenziell Gefährdete erkennen und beobachten müssen. Unser Personal wird dafür geschult.» Merkmale seien zum Beispiel die umgesetzte Geldmenge, die Besuchsfrequenz oder ungewöhnliches Schwitzen beim Spielen. «Diesen Gast müssen wir ansprechen und er muss den Nachweis erbringen, dass er sich das Geldspiel finanziell leisten kann. Ein mögliches problematisches Spielverhalten wird zudem in Zusammenarbeit mit der Stiftung Berner Gesundheit abgeklärt.» Schweizweit würden rund 60000 Spielsperren verhängt, in Bern seien es jährlich rund 300.

Peter Widmer

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