Der Beschluss des Bundesrates, dass wegen des Coronavirus fast sämtliche Läden und alle Restaurants schliessen müssen, hat auch das Leben von Nik Eugster von einem Tag auf den andern auf den Kopf gestellt. Uneigennützig setzt er sich nun für die Berner Gewerbetreibenden ein.
Die Idee kam einen Tag, nachdem der Bundesrat die verschärften Vorschriften zur Eindämmung des Coronavirus erlassen hatte: Nik Eugster sass mit Janine Vultier und Manuela Trachsel per Skype bei einem Glas Wein zusammen. Thema Nummer eins war das Coronavirus. «Wir berieten, was wir in dieser aussergewöhnlichen Situation tun könnten», erzählt der umtriebige Nik Eugster, der sonst Musik-Kreuzfahrten organisiert und Kunden in Kommunikationsfragen berät. «Portale zu Nachbarschaftshilfe gab es bereits, aber was noch fehlte, war die Hilfe fürs lokale Gewerbe. Also kreierten wir die Website bern.local-hero.ch, bestückten die Social-Media-Kanäle und nahmen Kontakt zu einigen Gewerbetreibenden auf, um das Bedürfnis zu eruieren.» Zwei Tage später wurde die Idee Realität und man ging online. «Dann hats ‹tschäderet›», blickt Eugster zurück, «die Meldungen kamen im Minutentakt.»
Unbürokratische Registrierung
Auf der Plattform können die Unternehmen ihre Angebote einreichen; der Eintrag ist kostenlos. Zurzeit seien 155 Betriebe registriert (Stand 30.3.20, 12 Uhr). Täglich kämen etwa 15 dazu, weiss Nik Eugster zu berichten. Besondere Voraussetzungen gebe es keine. «Angesprochen sind Betriebe aus dem Grossraum Bern, deren bisheriger Verkaufskanal zusammengebrochen ist.» Nik Eugster und seine Crew leisten damit ehrenamtliche Arbeit, «aber ich bin überzeugt, dass irgendeinmal wieder zurückkommt, was wir hier investieren».
Rock- und Blues-Kreuzfahren
Auch Nik Eugster hofft, dass ihn das Engagement für local-hero.ch nicht mehr allzu lange beschäftigen wird und er sich wieder seinen «normalen» Tätigkeiten zuwenden kann, denn die sind auch nicht ohne. So rechnet er damit, dass er mit seinem Unternehmen Music Cruise AG im kommenden September die einwöchige Mittelmeerkreuzfahrt Rock & Blues Cruise durchführen kann. «Die Vorbereitungen sind in vollem GanDie Solidaritätsaktion «Bärn hiuft» ermöglicht Bernerinnen und Bernern, ihre lokalen Lieblingsgeschäfte sofort und unkompliziert zu unterstützen. Berns Gassen sind leer, viele Geschäfte bleiben geschlossen. Die Massnahmen zur Eindämmung des Coronavirus treffen vor allem KMU hart. Mit der Solidaritätsaktion «Bärn hiuft» soll ihnen zu Liquidität verholfen werden. Hinter der Aktion steckt die geballte Kraft der Bank EEK, der Destination-ManagementOrganisation Bern Welcome, der Innenstadtorganisation BERNcity, des Verbands GastroStadtBern und Umgebung sowie des Handels- und Industrievereins (HIV) Sektion Bern. Gemäss dem Motto «Bärn hiuft Bärn» haben Bernerinnen und Berner dank der Solidaritätsaktion die Möglichkeit, ihre lokalen Lieblingsgeschäfte sofort und unkompliziert zu unterstützen. Betroffene Betriebe der Gemeinde Bern und der Agglomeration – egal ob Restaurants, Bars, Fachgeschäfte wie Blumenläden und Modeboutiquen oder Anbieter kultureller Veranstaltungen wie Kinos und Theater – können sich auf baernhiuft.ch registrieren. Dort hat die Kundschaft die Möglichkeit, Gutscheine der Betriebe zu erwerben, sowie, wenn gewünscht, einen Solidaritätsbeitrag zu spenden. Die Gutscheine werden als pdf-Belege zugestellt und können nach der Wiedereröffnung der Geschäfte eingelöst werden. «Bärn hiuft» setzt auf die Solidarität der Berner Bevölkerung: Mit dem Gutscheinerwerb können Kundinnen und Kunden den Betrieben helfen. Die Initianten sehen in der Aktion eine wichtige kurzfristige Hilfestellung, bis die durch den Kanton Bern und den Bund angekündigten Massnahmen greifen. «Wenn alle mitmachen, die auch sonst in Bern ‹lädele›, wird die Aktion zum Erfolg», ist sich Mark Frehner, Mitglied der Geschäftsleitung der Bank EEK, sicher. Tatsächlich ist die Aktion stark angelaufen: Bis gestern Montag haben bereits über 165 Leute für fast 25000 Franken Gutscheine erworben oder Geld gespendet. baernhiuft.ch «BÄRN HIUFT» – GELEBTE SOLIDARITÄT ge.» Er vergleicht die Organisation solcher Kreuzfahrten mit einem Festivalbetrieb: «Anstelle einer Wiese haben wir ein Schiff, das ist eigentlich der einzige Unterschied.» Auf dem Schiff sind jeweils gegen 30 Mitarbeitende präsent: Ton- und Lichttechniker, ein Social-Media-Team, eine Bord-Redaktion und Bühnenbauer. Früher übernahm Eugster auf dem Schiff selber die Moderationen, aber das liege aus zeitlichen Gründen nicht mehr drin, wie er sagt. Zu seinen Stärken zählt er die ausgesprochene Kommunikationsfähigkeit («I schnure gärn»), was dem 42-Jährigen im Laufe der Jahre zu einem grossen Netzwerk verholfen hat. Etwas, was er zurzeit gut gebrauchen kann, denn etwa 40 Prozent seiner Tätigkeit sind PR-Mandate. «80 Prozent meiner Aufträge sind durch die Krise weggebrochen und es muss mir gelingen, dass ich danach den Faden wieder aufnehmen kann», blickt er optimistisch in die Zukunft. Nik Eugster, auch er ist ein betroffener Local Hero!
Peter Widmer