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Zuerst in Bern, dann in eine Bernerin verliebt

Freundlichkeit und Ambiente sind für Markus Arnold mindestens so wichtig wie GaultMillau-Punkte und MichelinSterne. Der Steinhalle-Chef wartet mit der Wiedereröffnung, bis er die Ideallösung für seine Crew und die Gäste gefunden hat.

«Wir sind hier an einem der schönsten Plätze in Bern.» Markus Arnold sitzt an der Bar des von ihm geführten Restaurants Steinhalle. Sein Blick schweift durch die Glasfront über den Vorgarten des Naturhistorischen Museums und die Kirchenfeldbrücke bis zur südlichen Szenerie der Altstadt. Im Gespräch wird klar: Der Spitzenkoch ist im Kanton Luzern aufgewachsen und hat in Spitzenrestaurants von Vancouver bis Bangkok gekocht. Sein Herz aber hat er an eine Bernerin und an Bern verloren.

Stimmt es, dass Sie in Bern während über vier Jahren ein für Sie passendes Restaurant gesucht haben?
Ja, nach fast fünf Jahren als Küchenchef im Restaurant Meridiano im Kursaal Bern wollte ich mich selbstständig machen und suchte einen passenden Ort. Den fand ich zunächst nicht. Ich setzte deshalb auf die Karte Pop-up. Dies mit den Restaurants Fine Dining Restaurant by Markus Arnold, Brother Frank-vietnames Streetfood und Mr. Mori – Tokyo Cuisine no sushi.

Weshalb machte es bei Ihnen mit der Steinhalle Klick?
Der grosse und helle Raum gefiel mir sofort. Zudem hatte ich die Möglichkeit, die Küche und Bar gemäss meinen Vorstellungen einzubauen. Denn klar ist: Der Raum muss zur Küche und Karte passen. Und umgekehrt. Ein Restaurant ist ein Gesamtkunstwerk.

Wie sieht das Gesamtkunstwerk Steinhalle aus?
Hier stimmen die Küche, die Räumlichkeit und das von mir und meinen Mitarbeitenden geprägte Ambiente. Wir sind freundlich und persönlich. Mit vielen Gästen sind wir per Du. Das geht auch in einem Sternerestaurant. Die Tatsache, dass wir rasch eine Stammkundschaft auf bauen und diese dann auch halten konnten, ist mir mindestens so wichtig wie die Auszeichnungen für die Küche. Letztere sind die i-Punkte für unser Wirken. Die Gäste und deren Zufriedenheit stehen aber im Zentrum.

Wie sind sie, die Berner Gäste?
Ich mag sie als Gäste und als Menschen. Denn sie wissen, was sie wollen und sind «Connaisseurs». Gleichzeitig sind sie offen und lassen sich gerne überraschen, springen aber auch nicht jedem Hype hinterher. Wissen Sie, hier fühle ich mich wohl. Ich habe mich zuerst in Bern und dann in eine Bernerin verliebt. Letztere habe ich geheiratet. Zurück zu Ihrer Frage: Die Berner Gäste sind auch enorm loyal. Wir hatten in den letzten Wochen zahlreiche Telefonate von Stammgästen, die uns motiviert haben oder sogar ihre finanzielle Hilfe angeboten haben. Zum Glück mussten wir diese nicht in Anspruch nehmen. Wir haben uns seit 2017 ein finanzielles Polster erarbeitet. Von dem zehren wir nun.

Sie sprechen den Lockdown an. Was haben Sie während der Zwangspause gelernt?
Ich war eine Woche lang geschockt. Doch dann überkam mich eine grosse Lust, die Krise als Chance zu sehen. Das mag abgedroschen klingen. Es ist aber so. Wir entwickelten unser «Brunch at home»-Angebot für das Wochenende und öffneten einmal pro Woche als Take-away unsere Türen. Dieser doppelte Weg hat sich bewährt. Vor allem auch das Brunchangebot. Dieses bieten wir weiterhin an, sicher bis Ende Jahr.

Die meisten Berner Restaurants haben seit dem 11. Mai wieder durchgehend geöffnet. Die Steinhalle noch nicht. Weshalb?
Wir wollen die Anforderungen des Bundesrates in maximaler Weise erfüllen und unsere Gäste genauso schützen wie uns selber. Die Ausgangslage ist anspruchsvoll und kann sich jederzeit ändern. Wir sind daran, Lösungen zu finden, die alle Beteiligten überzeugen werden. Das ist mein Anspruch. Wir brauchen noch etwas Zeit und öffnen Ende Mai. Die Situation ist für mich nicht einfach. Weil die meisten Restaurants geöffnet haben, spüre ich neben dem finanziellen auch einen gesellschaftlichen Druck. Aber eben, wir öffnen erst, wenn die Ideallösung sitzt. So sind wir halt. Kompromisse gibt es bei uns auch neben dem Teller keine.

Dominik Rothenbühler

Eine Übersicht über Berns kulinarische Angebote finden Sie auf bern.com unter der Rubrik «Essen & Trinken».

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