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Kurz vor dem Schwumm in der garstig-kalten Aare (v.l.): Nicolas, Dano, Livio und Niklas. Foto: Daniel Zaugg

«Danach fühle ich mich frisch wie ein Eiszäpfli»

Vier WG-Freunde bilden den harten Kern ihres Schwaderi-Trupps. Sie erzählen über körperliche Grenzerfahrungen beim Winter-Schwimmen und das wohlige Gefühl unter der warmen Bettdecke.

Es ist früher Abend. Das Thermometer zeigt am 6. Dezember frostige zwei Grad Lufttemperatur. Leichter Nieselregen und die Dunkelheit machen das Marzilibad zum mystisch-unheimlichen Un-Ort. Trotz Hudelwetter erkennt man in der Dunkelheit die Umrisse vereinzelter Menschen. Es sind die hartgesottenen Aareschwimmenden, die sich umkleiden und dann ihr kaltes Bad geniessen. Was macht die Faszination Winterschwimmen aus? Warum schwören immer mehr Menschen auf das prickelnde Gefühl im Eiswasser? Vier Bärner Giele weihen uns in die Geheimnisse ihres eiskalten Hobbys ein.

Wer Zeit und Lust hat, ist dabei
Punkt 17.30 Uhr tauchen ihre Velolichter im Dunkeln auf. Lachend steigen Livio, Niklas, Nicolas und Dano beim Schwimmkanal vom Rad und freuen sich aufs kalte Vergnügen im dunklen Fluss. Sie bilden den harten Kern des «Schwaderi-Trupps», einer losen Gemeinschaft befreundeter Winter-Aare-Fans. Seit rund einem Jahr pflegen sie das Winter­-Aare-Schwimmen, einige gehen wöchentlich, andere einmal im Monat und die Restlichen eher selten bis nie. Nicolas checkt auf seinem Handy den Gruppenchat: «Es sind 24 Teilnehmer registriert. Regelmässig aktiv sind jedoch nur etwa sieben Mitglieder. Jeder kommt, wenn er Zeit und Lust hat.» Was fasziniert die «Schwaderis» am prickelnd-kalten Aare-Bad oder anders gefragt: Warum tut ihr Euch das eigentlich an? Es kommen viele begeisterte Voten wie «einfach affengeil», «es haut einen aus den Socken», «danach fühl ich mich wach und frisch», «verscheucht den Kater», «Immunsystem wird gestärkt».

Adrenalin, Schmerz und Wohlgefühl
Die Jungs schwärmen aber auch vom Wohlgefühl, das sie später zu Hause beim Filme- oder Fussball-Schauen unter der warmen Decke geniessen. Einer meint, es brauche schon Überwindung, das Ganze sei halt auch Kopfsache. Niklas beschreibt detailliert, wie er die Momente nach dem Sprung ins eisige Nass erlebt. «Die ersten rund fünf Sekunden sind pures Adrenalin, da spürt man noch nicht viel. Die nächsten 10 bis 15 Sekunden sind dann hart. Die Hände und Füsse schmerzen, die eisige Kälte dringt in jede Pore des Körpers. Nach kurzer Leidenszeit fühlt es sich dann besser an und der Rest ist ein prickelnd-frisches Erlebnis.» Der mühsamste Teil, da sind sie sich einig, ist der kurze Fussmarsch zum Einstieg. Dano vergleicht das Gefühl mit Nadelstichen: «Auf dem kalten Beton tun die Füsse richtig weh.» Livio nickt und beschreibt sein Empfinden vom vergangenen Wochenende, als der Weg schneebedeckt und eisig war, als Laufen auf Rasierklingen.

Nach der rund 300 Meter langen Schwimmstrecke steigt der Schwaderi-Trupp wie immer bei der Treppe vor dem Schwimmkanal aus dem acht Grad kalten Wasser. Doch einer fehlt. Grinsend zeigt Nicolas zur Treppe: «Dano ist noch immer Wasser.» Der Vermisste sitzt seelenruhig auf der Treppe, bis zu den Schultern im Wasser. Was ist los? Dano kennt die Regel routinierter Winter-Schwimmender «Jedes Grad Wassertemperatur ergibt eine Minute im Wasser.» Bei der aktuellen Wassertemperatur müsste er also acht Minuten im Wasser ausharren. Mit eisernem Willen versucht er, dieses Level zu erreichen. «Bis jetzt» gesteht er «habe ich’s noch nie geschafft.»

Warm angezogen, aber noch fröstelnd, schwingen sich Niklas, Dano, Nicolas und Livio aufs Velo und werden auf kürzestem Weg nach Hause fahren. Geht’s dann gleich unter die warme Bettdecke? Nicolas meint zum weiteren Abendprogramm: «Dano und ich wärmen uns daheim nur kurz auf und gehen dann ins Wankdorf an den YB-Match. Niklas und Livio gehen wohl ins Kino. Die warmen Decken müssen warten.»

Jürg Morf

PERSÖNLICH

Die befreundeten Studenten wohnen an der Mühlemattstrasse in Bern. Drei sind Mitglieder der «Mühli»-WG, Dano lebt in einer benachbarten WG im gleichen Gebäudekomplex.

Nicolas (24) | Student Berner Fachhochschule Bern (Soziale Arbeit).
Hobbys: Fussball
Nach der kalten Aare bin ich…
«wie neu auferstanden»

Livio (24) | Student Pädagogische Hochschule Bern
Hobbys: Fussball, Sport, Aarebaden
Nach der kalten Aare bin ich…
«kein Sauhund mehr»

Niklas (23) | Student Pädagogische Hochschule Bern
Hobbys: Skifahren!
Nach der kalten Aare bin ich…
«frisch wie ein Eiszäpfli»

Dano (22) | Ausbildung: Student Berner Fach­hochschule, Soziale Arbeit
Hobbys: YB-Matches, Fussball (Zuschauer und Grümpelturniere)
Nach der kalten Aare…
«zibelets»

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