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Unter den Jüngeren finde man im Nationalrat schnell Zugang stellt Katja Riem fest. Fotos: Daniel Zaugg

Wieso gerade Sie, Frau Riem?

Sie ist erst 26 – und schon Nationalrätin. Im Interview enthüllt Katja Riem ihren Wahlerfolg und erklärt, dass sich die SVP sehr wohl für Klimaschutz und Frauen einsetze.

Katja Riem, wie fühlt es sich an, Nationalrätin zu sein?
(Lacht) Schon ziemlich speziell. Als ich das Bundeshaus letzte Woche zum ersten Mal in dieser Funktion betrat, dachte ich: Da wollten aber wirklich viele, dass ich hierhin darf. Das macht enorm dankbar. Nun geht es darum, mich einzuleben. Man wird zwar von heute auf morgen gewählt, ist hingegen nicht von heute auf morgen Nationalrätin.

Sie haben die ersten Sessionstage hinter sich. Lief alles nach Wunsch?
Am vorletzten Montag, vor meiner Eröffnungsrede, war ich extrem nervös. Man steht vor all diesen Leuten, darunter mehrere Koryphäen, die ich bis jetzt eigentlich nur aus dem Fernsehen kannte. Danach legte sich das Ganze zum Glück ein wenig, was mir Gelegenheit bot, neue Kontakte zu knüpfen.

Sie konnten bereits erste Freundschaften schliessen?
Ich dockte vor allem bei den Bernern sowie parteiintern an. Unter den Jüngeren findet man schnell Zugang zueinander: Mit Anna Rosenwasser beispielsweise verstehe ich mich recht gut, obwohl sie eine diametral andere Meinung vertritt als ich.

Ihre politische Karriere verlief sehr schnell sehr steil: 2021 rutschten Sie in den Grossen Rat nach, 2022 wurden Sie bei den Wahlen bestätigt. Und jetzt der Sprung ins nationale Parlament. Darauf warten andere seit Jahren vergeblich.
Einige meinen, ich sei erst seit kurzem in der Politik. Dabei trat ich schon mit 14 in die Junge SVP ein, war später unter anderem Sekretärin der Sektion Mittelland-Süd, dann wurde ich in den Vorstand meines Wahlkreises gewählt und amtete da zuletzt als Vizepräsidentin. Im Grossen Rat wiederum durfte ich in der SVP-Fraktion sogleich den Lead in der Baukommission übernehmen. Das ermöglichte mir innerhalb eines Jahres sehr viele Einsichten und Wissen. Ich war in diesem Zusammenhang verantwortlich für die Vernehmlassungen, führte jene Gruppe quasi an. Was mich ein bisschen reut: Ich war in dieser Kommission tief im Thema drin, nun muss ich im Nationalrat nochmals von vorne anfangen. Wobei: Tragisch ist das ja nicht (lacht).

Doch wieso hat die Stimmbevölkerung gerade Sie gewählt?
Ich bin innerhalb der Partei gut verankert; das muss man in der SVP sein. Damit einen bloss niemand von der Liste streicht. Dann spielte unsere hauseigene Weinkellerei sicher eine Rolle: Dank unserer Aussendienstler hatte ich im gesamten Kanton quasi Gratis-Botschafter. Dadurch war ich nicht nur mit der Landwirtschaft, sondern auch mit dem Gewerbe verknüpft. Und schliesslich kommt möglicherweise noch der Bonus dazu, dass ich jung und eine Frau bin. Wobei das ja keine persönlichen Eigenschaften sind und mir das daher fast ein wenig unangenehm ist.

Diversität ist in Ihrer Partei doch kein Thema.
Meine Erfahrung ist, dass junge Frauen innerhalb der SVP sehr wohl gefördert werden, sich in der Politik zu engagieren.

Warum bewegt sich der Frauenanteil der SVP im Parlament dann bei knapp 20 Prozent? Das ist die tiefste Quote aller Parteien.
Wie gesagt: Als Frau stehen einem in der SVP sämtliche Türen offen. Aber ja: Wir befinden uns in einem Prozess, der Zeit braucht. Junge Frauen sind gefragt, die ein solches Engagement vorleben und damit andere nachziehen. Wir hatten 2000 Jahre lang in den bekannten Mustern gelebt, da kann man nicht erwarten, dass innerhalb von 50 Jahren sämtliche Gesellschaftsnormen komplett umgekrempelt werden.

Trotzdem: Für die tiefe Frauenquote Ihrer Partei gibt es Gründe.
Wir haben vielleicht zu wenig aktive Frauenförderung betrieben, das mag sein. Dafür passiert die Entwicklung in der SVP nachhaltig, organisch – anstatt mit einer Quote.

Im Rahmen Ihrer Lehre als Landwirtin kamen Sie in Kontakt mit biologischer Landwirtschaft. Zudem hätten Sie einst mit Ihrem Vater die ersten Windräder des Kantons Jura begutachtet, war zu lesen. Klingt kaum nach einer typischen SVP-Frau.
Also: Ja, ich habe mich mit biologischer Landwirtschaft befasst. Für mich gibt es jedoch nachhaltigere Produktionsformen, deshalb kommt sie für mich nicht infrage. Was erneuerbare Energien anbetrifft: Mein Vater war tatsächlich Fan solcher Technologien. Für meine Familie war der Klimawandel nie ein Mysterium, sondern eine Tatsache, die wir aktiv anpacken müssen. Übrigens haben wir zuhause vor kurzem eine grossflächige Photovoltaikanlage gebaut, fast alle in meiner Familie sind zudem mit einem Elektroauto unterwegs – nur ich fehle noch (schmunzelt). Zur Umwelt Sorge zu tragen, ist ein Uranliegen meiner Familie. Trotzdem hat mich dieses Denken nicht zu den Grünen gebracht, weil es dafür meines Erachtens keiner staatlichen Interventionen bedarf. Übrigens: Eine Studie wird hoffentlich wahrscheinlich bald zeigen, dass in der SVP-Fraktion bedeutend mehr Leute über eine Photovoltaikanlage verfügen als bei den Grünen.

Sie waren 2021 gegen den Ausbau der A1 zwischen Wankdorf und dem Grauholz auf sechs Spuren, so berichtet SRF. Stimmen Sie öfters gegen Ihre Partei?
Da hat SRF wohl nicht ganz sauber recherchiert (lacht). Richtig ist, dass ich eine Motion mitunterzeichnet habe, die verlangt, beim geplanten Autobahnausbau Grauholz zu prüfen, ob eventuell noch weitere Optionen als die jetzt bestehenden existieren, weil in jener Zone viel Fruchtfolgefläche verloren ginge. Generell bin ich überhaupt nicht gegen den Ausbau von Autobahnen – im Gegenteil. Wir brauchen allerdings Lösungen, die mit der Landwirtschaft vereinbar sind. Um Ihre Frage zu beantworten: In 95 Prozent aller Fälle bin ich voll auf Parteilinie – ob ich will oder nicht (lacht laut).

Was möchten Sie in der kommenden Legislatur erreichen?
Durch die vergangenen Krisen kam es zu häufig zu politischen Schnellschüssen, anstatt dass nachhaltig agiert wurde. Und ich meine nachhaltig nicht nur im ökologischen Sinn. Was die Schweiz auszeichnet, sind Menschen, gerade junge Kräfte, mit Mut, die auch mal Risiken auf sich nehmen. Doch dafür benötigen sie Grundlagen und Rahmenbedingungen. Diese Instabilität möchte ich angehen.

Wo haben Sie politisch Nachholbedarf?
Im Grossen Rat hatte ich mich auf Bau- und Raumplanungsthemen spezialisiert. Jetzt bin ich im Bundesparlament in der Wissenschafts- und Bildungskommission gelandet. Im Bereich Kultur habe ich ehrlicherweise noch Nachholbedarf. Dasselbe gilt für die Gesundheitspolitik. Eine Gesundheitspolitikerin werde ich definitiv nie werden, trotzdem will ich mich in diese und weitere Dossiers natürlich seriös einlesen.

Wo trifft man Sie in Ihrer Freizeit an?
Ich bin gerne draussen. Die Natur ist mein Beruf. Ich engagiere mich in Kirchdorf ausserdem im Verein Chiubi Giglä; er besteht aus einer Gruppe von Personen, die Events organisiert, um das junge Zusammenleben im ländlichen Raum zu fördern. Wegen gerade mal fünf Einsprachen müssen wir nun aber unseren Standort mitten im Dorf wechseln und dazu früher aufhören zu feiern. Die Gemeinde ist leider eingeknickt. Ein gutes Beispiel dafür, wie tolerant manche selbsternannten Woken heute sind.

Was stört Sie am meisten an den Linken?
Dass sie häufig nicht mehr so nahe am Volk politisieren.

Was stört Sie an Ihrer Partei am meisten?
Probleme müssen angesprochen werden, das ist wichtig. Bloss würde ich manchmal anders kommunizieren.

Yves Schott

PERSÖNLICH

Katja Riem, geboren am 26. Dezember 1996 in Oberdiessbach, ist die jüngste Nationalrätin der Schweiz. Für ihren Wahlkampf gab sie nach eigenen Angaben 95 000 Franken aus. Sie arbeitet in der elterlichen Weinkellerei und hilft in deren Landwirtschaftsbetrieb mit. Riem lebt in Kirchdorf und ist liiert.

5 PERSÖNLICHE FRAGEN

Was darf in Ihrem Kühlschrank nie fehlen?
Käse!

Wie viel Zeit verbringen Sie pro Tag mit dem Handy?
Viel. Sicher vier Stunden.

Wen möchten Sie unbedingt mal treffen?
Um mit einem Klischee aufzuräumen: Viele meinen nach wie vor, Christoph Blocher bestimme die Geschicke der SVP. Was Blödsinn ist. Gleichwohl habe ich Herrn Blocher noch nie getroffen, würde das aber sehr gerne mal tun (lacht).

Wann gehen Sie zu Bett und wann stehen Sie auf?
Unterschiedlich. Um elf oder halb zwölf schlafe ich, um etwa sechs Uhr stehe ich auf.

Ihre schönste Ferienerinnerung?
(Überlegt) Da gibt es verschiedene. Als Kinder fuhren wir immer nach Mürren in die Ferien. Ich liebe das Dörfli, wenn es ruhig und verschneit ist. Hawaii letztes Jahr war ebenfalls wahnsinnig schön.

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